Schlagwort-Archive: Literatur

Im Schrank von Tereza Semotamová

„Auf dem Weg verfange ich mich in unsichtbaren Spinnennetzen von Elend und Trostlosigkeit und versinke in Schwermut. Nun ist es also erledigt, geschafft. Es gibt keinen Ausweg mehr. Heute erwartet mich meine erste Nacht im Schrank.“ (Seite 31)

Eine junge Frau lässt ihr Leben in Deutschland hinter sich und kehrt zurück in ihre tschechische Heimat. Hinter ihr liegen Ereignisse, von denen der Leser erst spät im Roman Details erfährt, die jedoch dazu geführt haben, dass sie den Boden unter den Füßen verloren hat, dass sie nicht mehr zurück in ihren Alltag, in ihre Gewohnheiten und Routinen findet.

Sie kommt zuerst bei ihrer Freundin Jana unter, doch bald merkt sie, dass sie Raum für sich und Abstand von anderen Menschen braucht, und so zieht sie kurzerhand in einen alten Schrank, den sie von ihrer Schwester übernimmt und den sie – heimlich und sichtgeschützt – in einer Hinterhofecke abstellt.

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Gert Westphal liest Franz Kafka. Der Prozess, Erzählungen und Betrachtungen von Franz Kafka (Hörbuch)

„[…] andererseits aber kann die Sache auch nicht viel Wichtigkeit haben. Ich folgere das daraus, daß ich angeklagt bin, aber nicht die geringste Schuld auffinden kann, wegen deren man mich anklagen könnte.“ (Track 8)

Am Morgen seines 30. Geburtstags wird Josef K. in seiner Wohnung von zwei Männern verhaftet, ohne den Grund hierfür zu erfahren und ohne sich einer Schuld bewusst zu sein. Er darf jedoch weiterhin seiner Tätigkeit als erster Prokurist einer großen Bank nachgehen und sich frei bewegen. Gert Westphal liest Franz Kafka. Der Prozess, Erzählungen und Betrachtungen von Franz Kafka (Hörbuch) weiterlesen

Belletristik, Sachbücher und Reiseberichte aus und über Afrika (Länder M bis Z)

In diesem Post liste ich Belletristik, Sachbücher und Reiseberichte aus und über verschiedene Länder Afrikas auf. Dabei habe ich mich – im Gegensatz zu meinen bisherigen Lektürelisten – entschlossen, pro Land nur eine einzige Buchempfehlung zu geben. Sicherlich wird es in der Zukunft Monatsthemen zu ausgewählten Ländern Afrikas geben, zu denen ich dann eine ausführliche Lektüreliste biete.

Mit einem Sternchen versehen habe ich Bücher, die ich selbst noch nicht gelesen, zu denen ich mir somit noch keine eigene Meinung gebildet habe. Belletristik, Sachbücher und Reiseberichte aus und über Afrika (Länder M bis Z) weiterlesen

Berta Isla von Javier Marías

„Auch das würde ich nie erfahren, über nichts würde ich je etwas erfahren, weder wo er gewesen war, noch was er getan hatte, und ich fing an, mich damit abzufinden, dass es immer so sein würde, wenn ich mit ihm zusammenblieb. Aber ich hatte keinen anderen Plan im Leben, als mit ihm zusammenzubleiben […].“ (Seite 274)

Tomás Nevison – halb Spanier, halb Engländer – ist ein Sprachtalent, und so geht er nach der Schulzeit in Madrid zum Studium nach Oxford. Seine Freundin Berta Isla bleibt in Madrid, und nach Tomás‘ Rückkehr nach Madrid heiraten die beiden und bekommen zwei gemeinsame Kinder. Doch seit seiner Oxford-Zeit hat sich Tomás verändert, ist noch undurchschaubarer und geheimnisvoller als zuvor.

Was Berta nicht weiß, ist, dass Tomás in Oxford von seinem Professor Peter Wheeler für eine Geheimdiensttätigkeit angeworben wurde. Zwar hat Tomás anfangs abgelehnt, aber als seine Affäre Janet kurz nach seinem Besuch bei ihr ermordet wurde und Tomás unter Tatverdacht gerät, helfen ihm Wheeler und dessen Bekannte aus der Klemme, und so beginnt Tomás‘ Doppelleben, in dem er immer wieder auf Reisen geht, längere Zeit aus Madrid verschwindet, Berta und seine Kinder in Unwissenheit und Ungewissheit zurücklässt, ein Leben im Geheimen und mit unterschiedlichen Identitäten führt. Berta Isla von Javier Marías weiterlesen

Wie ein Stein im Geröll von Maria Barbal

Die Ich-Erzählerin Conxa wird im Alter von 13 Jahren zu ihrer Tante in ein benachbartes Dorf geschickt, da es dort genug Arbeit und auch genug zu essen gibt. Conxa muss damit alles Bekannte zurücklassen und fernab ihrer Eltern und Geschwister leben. Sie baut sich schließlich ein neues Leben in Pallarès auf und lernt die Liebe ihres Lebens – Jaume – kennen. Wie ein Stein im Geröll von Maria Barbal weiterlesen

Die Gesellschaft der unfreiwilligen Träumer von José Eduardo Agualusa

„Der Krieg dauerte einfach zu lang. Irgendwann hörten wir auf, noch zu wissen, warum wir uns töteten. Wir töteten nur noch aus Gewohnheit.“ (Seite 61)

Der angolanische Journalist Daniel Benchimol war schon mehrmals im Hotel Arco-Íris, und auch nach seiner Scheidung von seiner Frau Lucrétia zieht er sich hierhin zurück, mietet sich einen Bungalow, schwimmt im Meer.

Immer wieder träumt Daniel von einer Frau „mit Haaren wie Zuckerwatte“, und beim Schwimmen im Meer findet er eines Tages eine Kamera im Wasser, auf der Bilder ebendieser Frau sind.

Es handelt sich um die Künstlerin Moira Fernandes, die mit einer Reihe von fotografischen Inszenierungen ihrer eigenen Träume bekannt geworden ist. Daniel sucht Moira auf, und die beiden lernen sich kennen und lieben.

Neben dieser Geschichte erzählt José Eduardo Agualusa, dessen Roman Eine allgemeine Theorie des Vergessens ich ganz wunderbar fand, von weiteren Personen, die sich mit Träumen beschäftigen und deren Leben von der Geschichte Angolas stark geprägt wurden. Die Gesellschaft der unfreiwilligen Träumer von José Eduardo Agualusa weiterlesen

Das Schweigen des Sammlers von Jaume Cabré

„Dass so viel Schmerz in einen drei Finger dicken Stapel Buchseiten passen soll, ist doch der reinste Hohn!“

Adrià Ardèvol i Bosch erlebt eine Kindheit voller Kontrolle, Zwang und Gehorsam, ohne elterliche Liebe und Zuneigung. Sein Vater hat große Ziele – Adrià soll mindestens 10 Sprachen sprechen und später Jura und Geschichte studieren. Seine Mutter wünscht sich, dass aus ihrem Sohn ein Geigenvirtuose wird. Eines Tages vertauscht Adrià die vom Vater geliebte, wertvolle Geige aus dem 18. Jahrhundert, mit der eigenen Geige, um seinem Freund Bernat die berühmte Storioni zu zeigen. Doch dann verlässt der Vater mit der falschen Geige das Haus und wird kurz darauf getötet.

Jahre später versucht Adrià, das Geheimnis um den Tod des Vaters zu lüften sowie der Herkunft und der tragischen Geschichte der Storioni auf die Spur zu kommen. Das Schweigen des Sammlers von Jaume Cabré weiterlesen

Das Verschwinden der Stephanie Mailer von Joël Dicker (Hörbuch)

„Verschwinden. Frieden finden.‘ (CD 2, Track 126)

1994 in der Kleinstadt Orphea: An einem warmen Sommerabend werden vier Menschen erschossen – der Bürgermeister des Ortes, seine Frau und sein Sohn im eigenen Haus sowie eine Joggerin auf der Straße. Zwei junge Polizisten, Jesse Rosenberg und Derek Scott, ermitteln in dem Fall und finden bald den Täter.

Zwanzig Jahre später behauptet die Journalistin Stephanie Mailer, dass damals der falsche Mann verurteilt wurde und dass Scott und Rosenberg damals etwas Entscheidendes übersehen haben. Das Verschwinden der Stephanie Mailer von Joël Dicker (Hörbuch) weiterlesen

Kleine Helden von Almudena Grandes

„Wir sehen zu, wie einer nach dem anderen ins Unglück stürzt, und denken, na ja, solange es mich nicht trifft … Und jetzt hat es auch uns erwischt, klar, es musste ja so kommen. Wie hätten wir davonkommen sollen, wenn alle anderen um uns herum ihre Arbeit verlieren?“ (Seite 37)

Almudena Grandes nimmt den Leser in ihrem Roman Kleine Helden mit in ein Viertel im Zentrum Madrids. Der Name des Viertels wird nicht verraten, und das spielt auch keine Rolle, denn im Vordergrund stehen die Bewohner, die sich durchs Leben kämpfen.

Sie alle haben Sorgen, denn die Zeiten haben sich geändert, überall hört man von Arbeitslosigkeit, Armut, Konkurrenz, Sparmaßnahmen, Verzweiflung, Zwangsräumung und Zukunftsangst. Kleine Helden von Almudena Grandes weiterlesen

So fängt das Schlimme an von Javier Marías

„Thus bad begins and worse remains behind“

Der 23-jährige Juan de Vere arbeitet als Assistent für den Filmemacher Eduardo Muriel, der mit seiner Frau Beatriz Noguera und ihren drei Kindern in Madrid lebt. Juan übernachtet häufiger bei Eduardo, da die beiden bis spät in die Nacht mit ihrer Arbeit beschäftigt sind, und wird so Zeuge der sonderbaren Beziehung zwischen Eduardo und Beatriz, beobachtet, wie herablassend und abweisend Eduardo seine Frau behandelt, die dem Ganzen mit Hoffnung, Demut und scheinbar ohne jeden Selbstrespekt entgegentritt.

Juan möchte erfahren, was in der Vergangenheit zwischen Eduardo und Beatriz passiert ist, was zu der Veränderung zwischen den beiden geführt hat. Doch obwohl er Beatriz verfolgt und beobachtet, dadurch Einblicke in ihre Geheimnisse und ihre Sehnsüchte bekommt, findet er keine Antwort darauf, was den Bruch zwischen ihr und Eduardo verursacht hat. So fängt das Schlimme an von Javier Marías weiterlesen