Schlagwort-Archive: Roman

Gun Love von Jennifer Clement

„Man lernt schnell, dass Träume besser sind als das Leben, sagte meine Mutter.“ (Seite 39)

Seit 14 Jahren lebt Pearl mit ihrer Mutter am Rande des Indian Water Trailerparks in Florida. Direkt nach Pearls Geburt ist ihre Mutter von Zuhause weggelaufen und hat sich in ihrem Auto häuslich niedergelassen.

Pearl erfährt viel Liebe von ihrer Mutter, die versucht, das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten, für ihre Tochter zu sorgen und sie emotional zu stärken.

Dann taucht Eli Redmond auf, ein Freund von Pastor Rex, der auch im Trailerpark lebt. Eli beginnt eine Affäre mit Pearls Mutter, und damit ändert sich Pearls Leben von Grund auf: Ihre Mutter verbringt jede freie Minute mit Eli und geht schließlich nicht mehr zur Arbeit, die Polizei wird auf die Mutter aufmerksam und bedroht sie, Eli schenkt der Mutter eine Waffe, die fortan im Auto liegt, Pearl zerstreitet sich mit ihrer einzigen Freundin und streunt allein durch die Gegend. Währenddessen blüht der Waffenhandel im Trailerpark auf, und alle scheinen in die schmutzigen Machenschaften verwickelt zu sein. Gun Love von Jennifer Clement weiterlesen

Das Verschwinden des Josef Mengele von Olivier Guez

„Bis zu den Zerstörungen der letzten Kriegsjahre haben alle vom System profitiert. Niemand hat Einspruch erhoben, als die Juden auf Knien die Bürgersteige scheuerten, und keiner hat etwas gesagt, als sie plötzlich über Nacht verschwunden sind.“

Helmut Gregor befindet sich an Bord des Ozeandampfers North King auf dem Weg von Italien nach Argentinien. Er hat einen langen Weg hinter sich, ist im Januar 1945 aus Polen geflohen und in der Wehrmacht untergetaucht, hat dann mehrere Wochen in einem amerikanischen Gefangenenlager verbracht, lebte unter falscher Identität in Bayern, und möchte sich nach vier Jahren der Rastlosigkeit und der Angst vor Entdeckung nun in Lateinamerika ein neues Leben aufbauen.

Helmut Gregor ist Josef Mengele, der berühmt-berüchtigte Lagerarzt von Auschwitz, der mit seinen menschenverachteten medizinischen Experimenten in die Annalen der Geschichte eingegangen ist.

Mit der Unterstützung von Juan und Eva Perón sowie von zahlreichen Menschen mit nationalsozialistischer Gesinnung gelingt es Mengele, sich für seine Verbrechen aus der Verantwortung zu ziehen und in Lateinamerika unterzutauchen. Das Verschwinden des Josef Mengele von Olivier Guez weiterlesen

Die Frau unseres Lebens von Carla Guelfenbein

„Wir alle haben etwas Verachtenswertes. Jeder von uns trägt an einem Verbrechen, das er begangen hat, oder dem Verbrechen, das seine Seele von ihm verlangt.“

Im Sommer 1986 lernen sich Theo und Antonio an der Universität von Essex kennen und werden bald enge Freunde. Als Antonios Bruder Cristóbal, der im Gegensatz zu Antonio die chilenische Heimat nicht verlassen hat, bei einer Demonstration getötet wird, wächst in Antonio der Wunsch, mit einem gefälschten Pass nach Chile zurückzukehren und sich dort dem Widerstand anzuschließen. Die Frau unseres Lebens von Carla Guelfenbein weiterlesen

Bücher über psychische Störungen

In diesem Post liste ich Bücher über psychische Störungen auf. Dabei weiche ich diesmal von meiner Gliederung in Belletristik, Sachbücher etc. ab und gruppiere die Bücher nach psychischen Störungen bzw. nach anderen Themen. Aus diesem Grunde finden sich einige Bücher unter verschiedenen Überschriften, z.B. sowohl unter „affektive Störungen“ als auch unter „Suizid“. Bücher über psychische Störungen weiterlesen

Die Welt im Rücken von Thomas Melle

„Das Drama, das eine erste Psychose auslöst, ist erheblich. Für einen selbst ist es ein unbegreiflicher, allumfassender Kick, der einen in himmelschreiende Sphären schleudert; für Freunde und Familie ist es die blanke Tragödie. Aus dem Nichts wird da einer, den man anders kennt, verrückt, buchstäblich verrückt, und zwar genauer, realer, peinlicher, als es in den Filmen, den Büchern gezeigt wird, wird wahnsinnig wie ein wildäugiger Penner, der den Straßenverkehr beschimpft, wird dumm, töricht, unheimlich. Aus dem Nichts wird der Freund zum Fremden an sich.“ (Seite 65)

Thomas Melle erzählt in Die Welt im Rücken von seiner Bipolar-I-Störung, die 1999 zu einem ersten Krankenhausaufenthalt führte. Melle berichtet vom Verlauf der Erkrankung, von Kontrollverlust und Erinnerungslücken, von manischen und depressiven Phasen, von Paranoia und Beziehungsideen, von verschiedenen Formen bipolarer affektiver Störungen, von Symptomen, Suizidalität und zerstörten Freundschaften. Die Welt im Rücken von Thomas Melle weiterlesen

Aminas Briefe von Jonas T. Bengtsson

„Zigaretten sind die einzige Medizin, die wir Schizophrene selbst dosieren können. Wir rauchen, damit die Zeit vergeht, wir rauchen, um etwas zu tun zu haben, um etwas mit unseren Händen machen zu können und um uns zu trösten. Und schließlich auch, um zu wissen, wer wir sind:
Ich bin der am Ende der Zigarette. Ich rauche morgens, obwohl mir die Lunge schmerzt, wenn ich aufwache. Ich rauche abends und nachts, wenn ich nicht schlafen kann. Ich rauche, bis ich Kopfweh davon bekomme, und zünde mir eine neue Zigarette an.“

Der Ich-Erzähler Janus wurde vier Jahre lang in der Psychiatrie behandelt, da er unter paranoid-halluzinatorischer Schizophrenie leidet. Nach der Entlassung kommt er in der Wohnung seines Bruders unter, der gerade nicht in der Stadt ist, und schwelgt in alten Erinnerungen an die Kurdin Amina, mit der er drei Jahre lang Briefe geschrieben hatte, bevor sie den Kontakt vor sechs Monaten plötzlich abgebrochen hat. Janus will verstehen, was passiert ist und was ihre Gründe waren, sich von ihm zurückzuziehen, und macht sich auf die Suche. Aminas Briefe von Jonas T. Bengtsson weiterlesen

Heiter bis wolkig von Myrthe van der Meer

„Viele Dinge in der Psychiatrie sind erniedrigend. Eingewiesen zu werden ist eins davon. Einen Psychiater zu haben bringt auch nicht gerade viele Punkte ein. Mit deinem Lebensgefährten zu deinem Psychiater zu gehen, um eingewiesen zu werden, ist wahrscheinlich der Inbegriff der Erniedrigung.“ (Seite 20)

Myrthe van der Meer ist eigentlich auf dem Weg zum Abschlussgespräch mit ihrer Psychiaterin, wird von einem Vertretungsarzt jedoch kurzerhand auf Station eingewiesen, da sie Medikamente gebunkert und auf ganz rationale Art ihren Suizid geplant hat. Sie war in den letzten zwei Jahren fünf Monate in der Psychiatrie und mehrere Monate in der Tagesklinik, hat verstanden, dass ihre Depression immer wieder kommen wird, und möchte so nicht weiterleben. Heiter bis wolkig von Myrthe van der Meer weiterlesen

Mann und Frau von Zeruya Shalev

„[…] natürlich ist es eine Chance, denn in jedem Verlust liegt auch eine Erleichterung, stell dir vor, du kommst eines Tages nach Hause, und alles ist gestohlen, buchstäblich alles, du besitzt nichts mehr, es lohnt sich noch nicht einmal, aufzuzählen, was du nicht mehr hast. Ganz plötzlich werden deine Gedanken ruhig, du spürst eine tiefe Gelassenheit, fast so etwas wie Gnade, und du verstehst auf einmal, daß es keinen Kampf mehr gibt, weil es sinnlos geworden ist, zu kämpfen, daß du nachgeben mußt, weil du keine Wahl hast, du verlierst alles, aber du gewinnst eine tiefe Gelassenheit.“

Na’ama und Udi sind seit beinahe 25 Jahren, seit ihrem 12. Lebensjahr, ein Paar, haben ein gemeinsames Kind, die fast 10-jährige Noga, doch nun droht ihre Ehe zu zerbrechen. Sie sind gefangen in einem Teufelskreis aus Beschuldigungen, Schuldgefühlen und Kritik. Udi reagiert auf ihre Partnerschaftsprobleme mit einer Konversionsstörung – an einem Tag ist er plötzlich gelähmt, an einem anderen blind. Als Na’ama eine junge Heilerin um Hilfe bittet, entwickelt sich die Beziehung schließlich in eine ungeahnte und unerhoffte Richtung. Mann und Frau von Zeruya Shalev weiterlesen

Das Lächeln meiner Mutter von Delphine de Vigan

„Wahrscheinlich hatte ich gehofft, aus diesem seltsamen Material würde sich eine Wahrheit herausschälen. Aber es gab keine Wahrheit. Ich hatte nur verstreute Bruchstücke, und schon das Ordnen dieser Bruchstücke war eine Fiktion. […] Was versuchte ich eigentlich, wenn nicht dem Schmerz meiner Mutter näherzukommen, seinen Umfang, seine versteckten Winkel und den Schatten, den er warf, zu erkunden?“ (Seite 39)

Delphine de Vigan findet die Leiche ihrer Mutter Lucile in deren Wohnung, wo sie mehrere Tage lag, ohne dass jemand von ihrem Tod wusste. Nach langem Ringen mit sich entscheidet sie sich dafür, über ihre Mutter zu schreiben, befragt Familienangehörige, liest Briefe, hört Tonbandkassetten an, möchte verstehen, warum sich Lucile suizidiert hat. Das Lächeln meiner Mutter von Delphine de Vigan weiterlesen

Frau im Dunkeln von Elena Ferrante

„Die Dinge, die wir selbst nicht verstehen, sind am schwierigsten zu erzählen.“ (Seite 8)

Die 47-jährige Leda fährt allein ans Meer und verbringt mehrere Tage an der süditalienischen Küste, liegt am Strand, beobachtet Leute.

Eine Familie hat es ihr besonders angetan: die junge Mutter Nina mit ihrer kleinen Tochter Elena und anderen Verwandten. Leda ist fasziniert von Nina und Elena, aber eines Tages ist sie plötzlich genervt, steigert sich in Wut und Feindseligkeit hinein und lässt sich zu einer Tat hinreißen, die sie später bereut, die sie aber nur schwer ungeschehen machen kann. Frau im Dunkeln von Elena Ferrante weiterlesen