Schlagwort-Archive: psychische Störungen

Gangsterblues von Joe Bausch (Hörbuch)

„Letztlich steckt man nie im Kopf von anderen Menschen.“ (CD 6, Track 18)

Als ich 18 Jahre alt war, habe ich im Rahmen einer Krankenpflegeausbildung in der Arbeits- und Beschäftigungstherapie mit forensischen Patienten gearbeitet – mit Mördern Körbe geflochten und Vergewaltigern an der Kreissäge assistiert. Dort hat ein rauer Umgangston geherrscht, und ich bin dadurch mit einem Milieu in Verbindung geraten, in das man als Normalsterblicher normalerweise (und glücklicherweise) kaum Zutritt erhält. Schon vorher haben mich Geschichten aus dem Gefängnis und der Forensik, Schilderungen von Gerichtsverfahren, das bisweilen schwierige Abwägen der Schuldfrage und ähnliche Themen interessiert, aber seit dieser persönlichen Erfahrungen hatte sich mein Interesse noch verstärkt, so wie das oft ist, wenn man Einblicke in eine bislang fremde und völlig andersartige Welt erhalten hat. Gangsterblues hat mir sehr gut gefallen, denn das (Hör-) Buch schlägt genau in diese Kerbe und bietet dem Leser/Hörer die Möglichkeit, in den Gefängnisalltag zu schauen und mehr über Strafvollzug zu lernen. Gangsterblues von Joe Bausch (Hörbuch) weiterlesen

Wir sind dann wohl die Angehörigen von Johann Scheerer

„Wie fühlt es sich an, wenn man nichts fühlt?“

Im Rahmen meines Psychologie-Studiums habe ich vor vielen Jahren ein Seminar zum Thema Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) belegt und dort ein Referat über „PTBS nach Folter und politischer Gewalt“ gehalten. Der Professor hatte mir damals zur Vorbereitung u.a. Im Keller von Jan-Philipp Reemtsma ans Herz gelegt, und ich kann mich noch gut erinnern, wie stark mich das Buch beschäftigt hat und dass ich mir viele Sätze angestrichen habe, die ich heute noch auswendig kenne.

Fünfzehn Jahre später habe ich das Buch von Reemtsmas Sohn Johann Scheerer in den Händen gehalten und war gespannt, was der Sohn von der Entführung seines Vaters erzählt, welche Gedanken und Gefühle er mit dem Leser teilt.

Scheerer erzählt in seinem Buch Wir sind dann wohl die Angehörigen nicht nur von der Entführung seines Vaters am 25. März 1996, von den schweren Stunden und Tagen, als Scheerer und seine Mutter kaum zu hoffen wagten, dass Reemtsma überleben wird, sondern er bietet dem Leser auch Einblicke in seine Kindheit, seine Familie und ins Leben mit seinem Vater. Wir sind dann wohl die Angehörigen von Johann Scheerer weiterlesen

Impulskontrollstörungen in der Verhaltenstherapie von Alfred Ehret

„Das Buch […] umfasst alle wichtigen Bereiche dieses breiten und in sich heterogenen Feldes, geht bei den Fallvignetten aber auch auf eher exotische (um nicht zu sagen „dunkle“) Störungsbilder wie Paraphilien, Kleptomanie oder Pyromanie ein.“ (Seite 13)

Alfred Ehret befasst sich in seinem Buch mit unterschiedlichsten Formen der Impulskontrollstörungen, deren gemeinsamer Nenner das zwanghafte und nicht kontrollierbare Verhalten ist.

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Umgang mit depressiven Patienten von Angela Mahnkopf

„Dass fast jeder Mensch glaubt, Depressionen zu kennen, hat Vor- und Nachteile: Das Einfühlen in einen depressiven Menschen scheint zunächst leichter als bei manchen anderen Erkrankungen, weil man eine Ahnung von einzelnen Symptomen des Betroffenen hat. Da viele Menschen aber das Gefühl der Niedergeschlagenheit, Antriebsstörung und Lustlosigkeit nur als kurzzeitigen und vorübergehenden Zustand kennen, meinen sie, dies müsse beim depressiv Kranken ebenso sein. Dieser Schluss ist falsch. Dass sich die depressive Erkrankung qualitativ deutlich vom „normalen Bedrücktsein“ unterscheidet und sich nicht durch ein bloßes „Zusammenreißen“ beheben lässt, wird von Laien oft nicht verstanden.“ (Seite 14)

Angela Mahnkopf, Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin, fasst in ihrem Buch knapp zusammen, was man über den Umgang mit Menschen mit einer depressiven Störung wissen sollte. Sie erzählt von den Unterschieden zwischen normalen Stimmungsschwankungen und einer Depression, von Symptomatik und Diagnostik, Epidemiologie, Etikettierung und Stigmatisierung, einer helfenden Grundhaltung, Depressionsspirale, Suizidalität, der Behandlung und dem Einbezug von Angehörigen.

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Menschen mit Borderline begleiten von Ewald Rahn

„Lange Zeit galt der Umgang mit Borderlinekranken als besonders schwierig. Die Betroffenen galten als unberechenbar und manipulativ. Ihnen ging der Ruf voraus, Grenzen zu überschreiten und Helfer zu ‚verschleißen‘. Gerade Berufsanfänger werden zur Vorsicht gemahnt, unterlegt mit mehr oder weniger dramatischen Geschichten über Selbstverletzungen und Suizidversuchen. Aber gerade wir psychiatrisch Helfende müssen zurückhaltend mit unseren Vorurteilen umgehen.“ (Seite 8)

Ewald Rahn fasst in Menschen mit Borderline begleiten die wichtigsten Punkte zur Borderline-Persönlichkeitsstörung und zum Umgang mit Betroffenen zusammen, und das gelingt ihm trotz der Kürze der Ausführungen ausgesprochen gut.

Er schreibt u.a. von den Spannungsfeldern in der Beziehungsgestaltung, der Rolle der Emotionen, den Auswirkungen auf das Selbstbild, von Schemata, Diagnosestellung, Symptomen, problematischen Verhaltensmustern, hilfreichen therapeutischen Strategien und vom Umgang mit Partnern und der Familie der Betroffenen.

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Ein gutes Leben und andere Probleme von Svenja Bunt und Sibylle Prins

„Es gibt viele Beispiele von Psychiatrie-Erfahrenen, die ein erfüllendes und gutes Leben führen. Oft hat dies bedeutet, dass sie ihren ursprünglichen Lebensentwurf verändert und umgeschrieben haben aufgrund der Krisenerfahrung und dass der neue Lebensentwurf glücklich macht. Und genau darüber wollen wir nachdenken: Welche Elemente braucht ein Leben, um ein gutes zu sein?“ (Seite 147)

Ein gutes Leben und andere Probleme war bei seinem Erscheinen 2018 im deutschsprachigen Raum der erste Ratgeber von Psychiatrie-Erfahrenen für Psychiatrie-Erfahrene und behandelt Themen, von denen die Autorinnen wissen, dass sie für viele Psychiatrie-Erfahrene relevant, interessant und wichtig sind, die in Gesprächen mit ihren Freunden und in Seminaren immer wieder aufgetaucht sind.

Angesprochen wird z.B., wie man Stress abbauen, sparsam leben, mit Krisen umgehen, Arbeit finden, Freundschaften aufbauen und der Einsamkeit entrinnen sowie sich selbst bei schlechter Laune, bei psychotischen Ängsten und bei Trauer helfen kann.

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Achterbahn der Gefühle. Mit Manie und Depression leben lernen von Thomas Bock

„Die Abwechslung von Depressionen und Manien treibt die Ambivalenz auf die Spitze, die wir alle kennen, die Balance von Nähe und Distanz, von Bindung und Autonomie, von Macht und Ohnmacht.“ (Seite 47)

Der Aufbau des Buches folgt dem zeitlichen Verlauf des Erkrankens an einer Depression bzw. einer Manie – sowohl bei den Betroffenen und den Angehörigen als auch bei den Professionellen.

Zuerst geht Thomas Bock auf das Erleben ein, d.h. auf den Beginn der Depression oder Manie, die Umschlagpunkte zwischen den beiden Extremen, die Sicht der Betroffenen, ihrer Partner, ihrer Kinder, ihrer Eltern sowie ihren Behandlern. Im folgenden Kapitel („Übersicht gewinnen“) beschreibt Bock die Symptome von Depression und Manie, die alte und die neue Klassifikation, die Häufigkeit und den Verlauf. „Verstehen“ beschäftigt sich mit verschiedenen Erklärungsmodellen, z.B. genetische Aspekte, Modelle aus Psychoanalyse und Verhaltenstherapie, „Handeln“ befasst sich mit Frühwarnzeichen, Prävention und Behandlung. Im letzten Abschnitt („Umgang mit Krisen“) geht Bock näher auf Themen wie Suizidalität und rechtliche Aspekte (z.B. Unterbringung und Betreuung) ein.

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Die Entflohene von Violaine Huisman

„Die Kehrseite ihrer Tobsuchtsanfälle war nicht Zurückhaltung, sondern Verehrung. Wir liebten sie über alles […].“ (Seite 14)

Wutanfälle und Beschimpfungen. Vernachlässigung und Gewalt. Alkoholmissbrauch und Medikamentencocktails. Zerbrechen von Beziehungen zum Vater und anderen Bezugspersonen. Emotionale Distanzierung und große Verzweiflung. Zwangseinweisung und Risikoverhalten.

Das ist die tägliche Lebens- und Erlebenswelt der Ich-Erzählerin in Violaine Huismans Roman Die Entflohene, in dem die Autorin von ihrer eigenen Kindheit mit ihrer Mutter mit bipolarer Störung erzählt.

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Mut zur Psychotherapie! von Ulrich Trebbin

„Therapie ist also Arbeit und kein Spaziergang.“ (Seite 31)

Ulrich Trebbin richtet sich in Mut zur Psychotherapie! an Laien in Sachen Psychotherapie und erzählt, was vor, während und nach einer Psychotherapie wichtig ist, beantwortet Fragen und bietet Hinweise über den Ablauf und die Inhalte einer Psychotherapie.

So berichtet er z.B. über verschiedene Therapieformen, wie man den passenden Therapeuten für sich findet, wie die Beziehung zum Therapeuten aussehen sollte und wie nicht, was man mit Psychotherapie erreichen kann, was Supervision bedeutet und warum sie wichtig ist, wie mit Suizidalität umgegangen werden sollte und wie lange eine Psychotherapie dauert.

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Die Mitte der Nacht ist der Anfang vom Tag von Michaela Kirst und Axel Schmidt (Dokumentar- und Informationsfilm der Stiftung Deutsche Depressionshilfe)

„There is a crack in everything
That’s how the light gets in“

(„Anthem“ von Leonard Cohen)

Die Mitte der Nacht ist der Anfang vom Tag beinhaltet einen Dokumentar- und einen Informationsfilm, in denen Betroffene mit Depression, ihre Angehörigen sowie Professionelle von ihren Erfahrungen, Gedanken und Gefühlen in Zusammenhang mit depressiven Störungen erzählen. Dabei werden Symptome beschrieben, die Probleme in der Bewältigung des Alltags angesprochen und die Behandlungsmöglichkeiten erwähnt. Auch Themen wie Suizidalität und die Bedeutung von sozialer Unterstützung werden behandelt.

Die Mitte der Nacht ist der Anfang vom Tag von Michaela Kirst und Axel Schmidt (Dokumentar- und Informationsfilm der Stiftung Deutsche Depressionshilfe) weiterlesen