Archiv der Kategorie: Vergänglichkeit

Belletristik und Sachbücher über Vergänglichkeit

In diesem Post liste ich Belletristik und Sachbücher über Vergänglichkeit auf.

Meine Liste ist selbstverständlich nicht vollständig. Ich würde mich sehr über Ergänzungen und Empfehlungen in den Kommentaren freuen.

In Klammern habe ich diejenigen Bücher gesetzt, die mir nicht so gut gefallen haben, die ich persönlich also nicht empfehlen kann. Mit einem Sternchen versehen habe ich Bücher, die ich selbst noch nicht gelesen, zu denen ich mir somit noch keine eigene Meinung gebildet habe.

Belletristik und Sachbücher über Vergänglichkeit weiterlesen

GOTT. Ein Theaterstück von Ferdinand von Schirach

„Ich will als ordentlicher Mensch sterben, so, wie ich gelebt habe.“ (Track 3)

Eine öffentliche Sitzung des Ethikrates tagt, besprochen wird der Fall des 78-jährigen Richard Gärtner, der drei Jahre nach dem Tod seiner Ehefrau nur noch einen einzigen Wunsch hat: auch sterben zu dürfen.

Gärtner ist körperlich und psychisch gesund, hat keine chronischen, schier unerträglichen Schmerzen, doch er möchte selbstbestimmt und in Würde sterben, nicht in einem Krankenhaus, nicht durch lebensverlängernde Maßnahmen, nicht eines Tages dahinsiechen.

GOTT. Ein Theaterstück von Ferdinand von Schirach weiterlesen

Sterben von Karl Ove Knausgård (Hörbuch)

„Wenn uns der Tod als Phänomen nicht ängstigt, woher rührt dann dieses Unbehagen angesichts der toten Körper?“ (Track 3)

Im 30. Lebensjahr des Autors stirbt dessen Vater, und Karl-Ove Knausgård erzählt in der ersten Hälfte von Sterben von seinen eigenen Kindern, von seiner Kindheit und Jugend, von Alkohol, von sexuellen Erfahrungen und von Musik; im zweiten Teil befasst er sich näher mit dem Tod seines Vaters, während er mit seinem Bruder das zugemüllte und heruntergekommene Haus des Vaters aus- und aufräumt, die Beerdigung plant und versucht zu verstehen, wie die letzten Jahre seines Vaters ausgesehen haben, wie genau er zu Tode gekommen ist.

Sterben von Karl Ove Knausgård (Hörbuch) weiterlesen

So sterben wir. Unser Ende und was wir darüber wissen sollten von Roland Schulz

„Tage vor deinem Tod, wenn noch niemand deine Sterbestunde kennt, hört dein Herz auf, Blut bis in die Spitzen deiner Finger zu pumpen. […] Auch aus den Zehenspitzen zieht sich das Blut zurück. Deine Füße werden kalt. Dein Atem verflacht. Die Sinne schwinden. Dein Körper leitet den Abschied vom Leben ein.“

Roland Schulz beschreibt in seinem Buch detailliert, was beim Sterben, nach dem Tod und während des Trauerprozesses geschieht, thematisiert unter anderem Patientenverfügung, Totenfürsorge, Testament, Schmerzen, Verlust von Appetit, Geruch und Geschmack, Cheyne-Stokes-Atmung, terminale Luzidität, Schluckreflex, Individualtod und biologischer Tod, Totenflecken und Totenstarre, Leichenschau und Totenschein, Bestattung und Autolyse, Aufbahrungsbuch und Aussegnungshalle, Sterbeurkunde und Trauerfeier, Trauer und Resilienz, Erinnern und Vergessen.

So sterben wir. Unser Ende und was wir darüber wissen sollten von Roland Schulz weiterlesen

Die Geschichte der Palliativmedizin. Medizinische Sterbebegleitung von 1500 bis heute von Michael Stolberg

„Wenn ein Arzt hoffnungslose Fälle behandelte, musste er daher stets damit rechnen, dass man nicht etwa seinen hilfreichen und barmherzigen Beistand am Sterbebett lobte, sondern vielmehr den tödlichen Ausgang seiner fehlerhaften, unwirksamen oder womöglich gar ihrerseits schädlichen Behandlung zuschrieb.“ (Seite 58)

Michael Stolberg erzählt in seinem Buch die Geschichte der Palliativmedizin von 1500 bis heute.

Im ersten Kapitel befasst er sich dabei mit der frühen Neuzeit (1500 bis 1800), schreibt von Krebs, Schwind- und Wassersucht, von verschiedenen Möglichkeiten der Behandlung, von den Auswirkungen von sterbenden Patienten auf die Reputation des Arztes/Heilers, von aktiver versus indirekter versus passiver Sterbehilfe, vom Recht auf Wahrheit und Aufklärung sowie von Religiosität.

Die Geschichte der Palliativmedizin. Medizinische Sterbebegleitung von 1500 bis heute von Michael Stolberg weiterlesen

Nach Mattias von Peter Zantingh

„Hätte ich es ahnen müssen? […]
Sie denkt an jenen Tag zurück. Ja, im Nachhinein vielleicht. […]
Man kann das nicht wissen, […]. Man kann das nicht kommen sehen. […]
Man kann sich nicht die Schuld geben. Das hält man einfach nicht aus.“
(Seite 162)

Mattias ist tot. Vollkommen unerwartet und ohne Vorwarnung. Zurück bleiben die Menschen, die ihn kannten, die ihn liebten, die er bewegt hat.

Ihr Leben geht weiter. Ohne ihn, aber mit den Erinnerungen an ihn, die sie nicht loswerden und auch gar nicht loswerden möchten, die im unpassendsten Moment auftauchen, sie lähmen, sie traurig machen, ihr Leben auf neue Bahnen bringen.

Nach Mattias von Peter Zantingh weiterlesen

Durch die Nacht von Stig Sæterbakken

„Trauer tritt in so vielen Formen auf. Sie ist wie ein Licht, das ein- und ausgeschaltet wird. Sie ist da, sie ist nicht auszuhalten, dann verschwindet sie, weil sie unerträglich ist, weil man sie nicht permanent ertragen kann. […] Tausend Mal am Tag vergaß ich, dass Ole-Jakob tot war. Tausend Mal am Tag fiel es mir plötzlich ein. Beides war unerträglich. Ihn zu vergessen war das Schlimmste, was ich tun konnte. An ihn zu denken war das Schlimmste, was ich tun konnte. Kälte kam und ging. Wärme kam nie. Es gab nur Kälte und die Abwesenheit von Kälte.“ (Seite 9)

Schuld ist oft das vorherrschende Gefühl nach dem Suizid eines Nahestehenden, selbst wenn es keinen offensichtlichen Grund für Schuldgefühle gibt. Schuld, von der man meint, sie auf sich geladen zu haben, weil man etwas gesagt oder nicht gesagt hat, weil man etwas getan oder nicht getan hat, weil man irgendwann den vermeintlich falschen Weg eingeschlagen hat, irgendwo abgebogen ist, wo man (wie man Jahre später meint) nicht hätte abbiegen sollen.

Jeder, der einen Nahestehenden durch Suizid verloren hat, kennt diese Gefühle von Schuld und weiß, wie dominant und belastend diese sind, dass nach einem Suizid das eigene Leben in ein Vorher und ein Nachher geteilt ist, dass sich dadurch alles wandeln kann, dass sich Lebenswege ändern können.

Durch die Nacht von Stig Sæterbakken weiterlesen

Laufen von Isabel Bogdan

„am liebsten würde ich rückwärtslaufen, das Leben zurückspulen und dich vielleicht noch retten“ (Seite 39)

Das erste Jahr nach dem Tod eines Nahestehenden ist die schwierigste Zeit nach diesem Verlust. Danach hat man alles zum ersten Mal ohne die andere Person erlebt: das erste Weihnachten, den ersten Jahresbeginn, den ersten eigenen Geburtstag, den ersten Geburtstag des Verstorbenen, den ersten Jahrestag des Tages, an dem man zum letzten Mal mit dem Verstorbenen gesprochen hat, und des Moments, in dem man vom Tod erfahren hat. Bei einem Tod durch Suizid hat man neben der Trauer mit weiteren Gefühlen zu kämpfen, die mit der Zeit zwar weniger werden, aber nie ganz verschwinden. Allen voran: Schuld und Wut.

Genauso fühlt sich die Ich-Erzählerin in Isabel Bogdans Roman Laufen: traurig, verzweifelt, schuldig, einsam, wütend. Ein Jahr ist vergangen, seit sich ihr Lebensgefährte suizidiert hat, und nun hat sie wieder mit Laufen begonnen. Jeder Schritt ist eine Qual, doch sie zwingt sich zum Weiterlaufen und zum Weiterleben. Und mit der Zeit gewöhnt sie sich nicht nur an das Laufen, sondern auch an die Vorstellung eines Lebens ohne ihn.

Laufen von Isabel Bogdan weiterlesen

Das Feld von Robert Seethaler

„Er malte sich aus, wie es wäre, wenn jede der Stimmen noch einmal Gelegenheit bekäme, gehört zu werden. Natürlich würden sie vom Leben sprechen. Er dachte, dass der Mensch vielleicht erst dann endgültig über sein Leben urteilen konnte, wenn er sein Sterben hinter sich gebracht hatte.

Aber vielleicht hatten die Toten gar kein Interesse an den Dingen, die hinter ihnen lagen. Vielleicht erzählten sie von drüben. Davon, wie es sich anfühlt, auf der anderen Seite zu stehen.“ (Seite 10)

Ein Mann kommt fast täglich auf den Paulstädter Friedhof, der auch „das Feld“ genannt wird. Er sitzt auf einer morschen Bank, denkt über die Toten nach, die hier begraben sind, ist überzeugt davon, die Toten sprechen zu hören.

Und die Toten erzählen tatsächlich ihre Geschichte. Sie ergreifen einzeln das Wort, berichten von ihrem Leben, ihren Lieben, ihren Hoffnungen, Enttäuschungen, Sehnsüchten und Fehlern.

Das Feld von Robert Seethaler weiterlesen

Sterben im Sommer von Zsuzsa Bánk (Hörbuch)

„weil man nie weiß, was schlimmer ist, das Warten oder aber das Ende des Wartens.“ (CD 2, Track 17)

Die Autorin fährt mit ihrem kranken Vater in seine alte Heimat Ungarn, damit er ein letztes Mal am Balaton sein, den Sommer spüren, alten Gewohnheiten nachgehen kann. Doch kaum sind sie in Ungarn, geht es ihm schlechter, er bekommt Fieber, muss ins Krankenhaus.

Sie spielt ihm Zuversicht vor, doch ihre Hoffnung auf Besserung schwindet von Tag zu Tag.

In Sterben im Sommer erzählt Zsuzsa Bánk vom Leben ihres Vaters, von den Stationen seiner Krankheit, vom Sterbeprozess, vom Abschiednehmen, von der Trauer und ihrem Leben ohne ihren Vater.

Sterben im Sommer von Zsuzsa Bánk (Hörbuch) weiterlesen