Archiv der Kategorie: Nordamerika

Der Mönch von Mokka von Dave Eggers

„Wusstest du nicht, dass die Jemeniten die Ersten waren, die Kaffee exportiert haben? Im Grunde haben wir den Kaffee erfunden.“ (Seite 81)

Viel war nicht übrig vom alten Glanz Al-Mokhas, als ich vor fast 19 Jahren in der jemenitischen Stadt stand, die dem Mokka seinen Namen gab. Wenn ich an Al-Mokha denke, die Hafenstadt am Rande der Tihama-Wüste, von der aus einst Kaffee in alle Welt verschifft wurde, fällt mir nur noch die Trostlosigkeit ein, mit der ich die Stadt verbinde: eine halb verlassene Stadt, eine einsame Moschee, ein kleiner Sandsturm, in den ich damals geraten bin.

Nun bin ich mit Dave Eggers wieder nach Al-Mokha gereist, und meine Assoziationen mit Al-Mokha ähneln sehr denjenigen des Protagonisten Mokhtar, der als Kaffeeexporteur den Jemen bereiste:

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Seht, was ich getan habe von Sarah Schmidt (Hörbuch und Buch)

„Es gibt eine Liebe, die sich erst in der Trauer zeigt.“

Vierter August 1892 in Fall River, Massachusetts: Die 32-jährige Lizzie Borden, die unverheiratet ist und mit ihrem Vater, ihrer Stiefmutter und dem Dienstmädchen Bridget zusammenlebt, findet im Erdgeschoss ihres Elternhauses die blutüberströmte Leiche ihres Vaters. Kurz darauf wird zudem der Leichnam von Lizzies Stiefmutter entdeckt. Beide wurden anscheinend mit einem axtähnlichen Gegenstand ermordet.

Lizzie Borden, 1889 (Urheber: anonym, Quelle: Wikipedia)

Bis heute sind die Morde an Andrew und Abby Borden nicht vollständig geklärt, und aufgrund ihrer Faszination für den mysteriösen Kriminalfall machte sich die Autorin Sarah Schmidt auf die Suche nach den Hintergründen der Morde und schrieb schließlich ihren Debütroman Seht, was ich getan habe über die Bordens und den geheimnisvollen 4. August 1892. Seht, was ich getan habe von Sarah Schmidt (Hörbuch und Buch) weiterlesen

Der Report der Magd von Margaret Atwood (Hörbuch)

„Es gibt mehr als nur eine Form von Freiheit […], Freiheit zu und Freiheit von.“ (CD 1, Track 15)

Die USA in naher Zukunft: Infolge der Verseuchung mit radioaktiven, biologischen und chemischen Stoffen sind viele Menschen nicht mehr zeugungsfähig, und nach dem Staatsstreich einer christlich-fundamentalistischen Gruppierung wird eine theokratische Diktatur, die Republik Gilead, errichtet. Hier herrschen strenge Regeln, und vor allem die Rolle der Frau wird neu definiert. Frauen dürfen kein Eigentum besitzen, müssen sich den Männern völlig unterordnen und haben (wenn sie zeugungsfähig sind) die Pflicht, Kinder zu gebären.

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Supertramp von Tamina-Florentine Zuch

„Es geht los. Meine erste Nacht auf der Straße.“ (Seite 26)

Tamina-Florentine Zuch hat sich nach nur drei Wochen Reiseplanung auf den Weg nach New York City gemacht, um von dort aus ihr sechswöchiges Abenteuer anzutreten: Sie möchte – wie die legendären Hobos – mit Güterzügen illegal die USA durchqueren.

Sie macht sich in New York auf die Suche nach jemandem mit Erfahrung, der die richtigen Stellen kennt, dem sie sich anschließen kann. Doch sie hat im Big Apple wenig Glück, fährt mit dem Greyhoundbus nach Philadelphia und startet dort in ihr (bisweilen recht waghalsiges) Abenteuer.

Sie fährt die Ost- und später die Westküste der USA entlang, durchquert wie geplant das Land von Ost nach West, ist auf Güterzügen, in Bussen und per Anhalter unterwegs, schlägt sich allein oder mit verschiedenen Hobos und Reisenden durch, trifft Dirty Kids, Drogen- und Alkoholabhängige, aber auch Leute, die genau wie sie einen zeitlich begrenzten Nervenkitzel und die große Freiheit suchen. Supertramp von Tamina-Florentine Zuch weiterlesen

Der Gesang der Flusskrebse von Delia Owens (Hörbuch)

Apathisch fragte sie sich, was sie getan hatte, dass alle sie verließen.“ (CD 1, Track 82)

Die sechsjährige Kya Clark lebt zusammen mit ihren Eltern und ihren vier Geschwistern in der Nähe der Küstenstadt Barkley Cove mitten im Marschland. In den frühen 1950er Jahren verlässt erst die Mutter die Familie, und nach und nach gehen auch Kyas Geschwister aufgrund des gewalttätigen und alkoholkranken Vaters aus dem Elternhaus fort. Nur Kya und ihr Vater bleiben zurück, doch auch er bleibt oft tagelang weg und verschwindet dann ganz, lässt das Mädchen allein mit Haushalt und Alltag.

Kya, die die Schule nur einen Tag besucht hat und aufgrund der Hänseleien der anderen Kinder nie zurückgekehrt ist, erkundet mit dem Boot ihres Vaters das Marschland, lernt von ihrem Freund Tate Lesen, Schreiben und Rechnen, eignet sich auf eigene Faust Wissen über das Marschland und die darin lebenden Tiere und Pflanzen an.

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König der Hobos von Fredy Gareis

„Das ist das letzte waschechte amerikanische Abenteuer.“ (Seite 12)

Fredy Gareis wollte ein Amerika erkunden, von dem Herman Melville, Mark Twain und Jack London erzählten, ein Land der Freiheit, anders als das Land, von dem wir derzeit in den Nachrichten hören und lesen.

Aus diesem Grunde reiste er nach Britt, Iowa, wo sich seit 116 Jahren einmal im Jahr die Außenseiter der amerikanischen Gesellschaft treffen, um den König und die Königin der Hobos zu krönen.

Gareis schloss sich schließlich den Hobos an und erzählt in seinem Buch von „einer Schattenwelt der Obdachlosen, die auf den Gleisen unterwegs sind und auf den amerikanischen Traum pfeifen“ (Seite 14). König der Hobos von Fredy Gareis weiterlesen

Die Nickel Boys von Colson Whitehead (Hörbuch)

„Hier drin ist es genauso wie draußen, nur muss hier keiner mehr so tun als ob.“ (CD 2, Track 21

Florida in den 1960er Jahren: Der 16-jährige Elwood lebt mir seiner Großmutter im schwarzen Ghetto von Tallahassee. Er bewundert Martin Luther King und erlebt hautnah, wie sich die Rassentrennung langsam ändert.

Als Elwood einen Platz am College bekommt, scheint ihm die Welt offen zu stehen, doch dann wird er in einem gestohlenen Auto aufgegriffen und ohne gerechtes Verfahren in die Besserungsanstalt Nickel Academy gebracht.

Dort erlebt er körperliche Züchtigung, brutale Bestrafungen, Entwürdigung, Ungerechtigkeit und einen tief verwurzelten Rassismus, der ihm Tag für Tag das Leben zur Hölle macht.

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Eine andere Art von Wahnsinn von Stephen P. Hinshaw

„Menschen, die sich erinnern, beschwören den Wahnsinn durch Schmerz herauf, durch den Schmerz über den ständig wiederkehrenden Tod ihrer Unschuld; Menschen, die vergessen, beschwören eine andere Art von Wahnsinn herauf, den Wahnsinn, der durch Schmerzverleugnung und Hass auf die Unschuld entsteht, und die Welt ist vorwiegend bevölkert mit Wahnsinnigen, die sich erinnern, und mit Wahnsinnigen, die vergessen.“ (Seite 7f, Zitat von James Baldwin)

Wenn sich Stephen P. Hinshaw an seine Kindheit erinnert, sind das oft wochen- oder gar monatelange Verschwinden seines Vaters Virgil Jr. Hinshaw, das Schweigen über die Gründe hierfür und die Sorge des Sohnes, sein Vater könnte niemals wieder nach Hause zurückkehren, zentrale Themen, die sein Leben stark geprägt haben.

Als Stephen P. Hinshaw erwachsen ist, öffnet sich sein Vater ihm gegenüber plötzlich und erzählt in diesem ersten Gespräch und in vielen weiteren Unterhaltungen in den folgenden 24 Jahren von seiner psychischen Erkrankung, die er seinen Kindern und dem größten Teil seines sozialen Umfelds so lange verschwiegen hat. Er berichtet von einer ersten psychotischen Episode im Alter von 16 Jahren und zahlreichen weiteren Episoden, seinen Aufenthalten in psychiatrischen Anstalten, Fixierung und inhaltsleeren Stunden, Tabuisierung und Scham, Elektrokonvulsionstherapie und Insulinschocktherapie, Barbituraten und Antipsychotika, Gewalt und Machtlosigkeit, Schweigen und Leugnen, Isolation und Ausgrenzung. Eine andere Art von Wahnsinn von Stephen P. Hinshaw weiterlesen

Das Verschwinden der Stephanie Mailer von Joël Dicker (Hörbuch)

„Verschwinden. Frieden finden.‘ (CD 2, Track 126)

1994 in der Kleinstadt Orphea: An einem warmen Sommerabend werden vier Menschen erschossen – der Bürgermeister des Ortes, seine Frau und sein Sohn im eigenen Haus sowie eine Joggerin auf der Straße. Zwei junge Polizisten, Jesse Rosenberg und Derek Scott, ermitteln in dem Fall und finden bald den Täter.

Zwanzig Jahre später behauptet die Journalistin Stephanie Mailer, dass damals der falsche Mann verurteilt wurde und dass Scott und Rosenberg damals etwas Entscheidendes übersehen haben. Das Verschwinden der Stephanie Mailer von Joël Dicker (Hörbuch) weiterlesen

Das geträumte Land von Imbolo Mbue

 „Warum sind Sie nach Amerika gekommen, wenn Ihre Stadt so schön ist?“

[…]

„Jeder will nach Amerika, Sir. Jeder. In diesem Land sein, Sir. In diesem Land leben. Ah. Das ist das Größte überhaupt, Mr Edwards.“

„Jetzt weiß ich aber immer noch nicht, warum Sie hier sind.“

[…]

„Weil mein Land nicht gut ist, Sir. […] Es ist überhaupt nicht wie Amerika. Wäre ich in meinem Land, wäre nie etwas aus mir geworden. Dann wäre ich ein Niemand. Dann wächst mein Sohn auf und ist arm wie ich. So wie ich arm war wie mein Vater. Aber in Amerika, Sir, da kann was aus mir werden.“ Das geträumte Land von Imbolo Mbue weiterlesen