Schlagwort-Archive: psychische Störungen

Die ungeheuerliche Einsamkeit des Maxwell Sim von Jonathan Coe

„Ich war jetzt allein auf der Welt, mutterseelenallein“

Der 48-jährige Maxwell Sim realisiert, dass sein Tod niemanden wirklich treffen würde, dass er mutterseelenallein ist: von der Ehefrau verlassen; von der Tochter anscheinend vergessen; mit den Freunden kaum noch Kontakt, vom Vater am letzten gemeinsamen Abend in Sydney vertröstet und allein gelassen; die Mutter seit Jahren tot.

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Persönlichkeitsstile. Wie man sich selbst und anderen auf die Schliche kommt von Rainer Sachse

„[…] persönliche Eigenarten, die wir im Laufe unserer Biografie lernen und die unser Denken, Fühlen und Handeln stark prägen. Gerade sie bestimmen, wovor wir uns fürchten, wann wir kränkbar sind, was uns aggressiv macht und wo wir die Realität falsch interpretieren. Solche Persönlichkeitsstile sind komplexe psychische Strukturen, die uns kaum bewusst sind und die wir meist selbst nicht verstehen: Wir können oft gar nicht genau sagen, warum wir so handeln, wie wir handeln.“ (Seite 9)

Bevor ich vor ein paar Monaten meine klinische Tätigkeit als Psychologin begonnen habe, war ich mir sicher, dass die psychotherapeutische Arbeit mit Menschen mit Persönlichkeitsstörungen meine größte Herausforderung wird. Mittlerweile bin ich fast so etwas wie ein Persönlichkeitsstörungsjunkie geworden, denn mir macht die Arbeit mit Menschen mit Persönlichkeitsstörungen (und überraschenderweise vor allem mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung) enorm viel Spaß. Verantwortlich für diese positive Wende ist sicher auch meine Begegnung mit Rainer Sachses Modell der doppelten Handlungsregulation und diverse Bücher, die ich seitdem von ihm gelesen habe. Von Sachse lernt man sehr eindrücklich und verständlich, wie man bestimmte Menschen „knackt“, d.h. wie man an sie herankommt, wie man eine stabile Beziehung aufbaut, wie man psychotherapeutisch vorgeht, um den Betroffenen ihre dysfunktionalen Muster deutlich zu machen und dann schrittweise zu verändern.

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Marianengraben von Jasmin Schreiber

„Das, was ich mir am meisten wünsche, ist, dass du in deinen letzten Sekunden nicht an mich gedacht hast, nicht gedacht hast, dass ich da sein müsste […].“ (Seite 44)

Paulas zehnjähriger Bruder Tim ist im Meer ertrunken. Paula kämpft mit Gefühlen von Trauer und Traurigkeit, fühlt sich schuldig, und danach kommt eine Zeit der großen Leere, des Gefühls der Gefühllosigkeit. Auch eine Psychotherapie hilft ihr nicht, wieder aus der Depression aufzutauchen.

Als sie nachts Tims Grab besucht, trifft sie auf den 83-jährigen Helmut, der gerade die Urne seiner Ex-Frau und Freundin Helga ausbuddelt.

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Herausforderung Pädophilie. Beratung, Selbsthilfe, Prävention von Claudia Schwarze und Gernot Hahn

„Pädophilie ist eines der emotional am stärksten aufgeheizten Themen in unserer Gesellschaft und wird gleichzeitig tabuisiert.“ (Seite 14)

Claudia Schwarze und Gernot Hahn sprechen in ihrem Buch zahlreiche Aspekte und Facetten im Zusammengang mit Pädophilie an. So bieten sie initial eine Begriffsklärung und eine Begriffsabgrenzung, gehen auf Ursachen pädophiler Neigungen sowie Strafverfolgung ein, erklären, wie man mit Pädophilie leben lernen kann, schreiben über Gefühle und die Unterstützung von Angehörigen, vom Einfluss des Internets, von Risiko- und Schutzfaktoren, d.h. wie und wodurch aus pädophil Veranlagten Täter werden oder eben keine Täter werden. Des Weiteren setzen sich die Autoren mit den Folgen von sexuellem Missbrauch, mit Möglichkeiten der Selbsthilfe sowie mit professioneller Hilfe und Therapie auseinander, bevor sie das Therapieangebot „Kein Täter werden“ vorstellen.

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Je tiefer das Wasser von Katya Apekina

„Bei einer Mutter wie unserer entwickelt man einen Instinkt für bestimmte Situationen. Wenn man sie zu sehr behelligt, geht sie weg.“ (Seite 67)

Vor 12 Jahren hat der erfolgreiche Schriftsteller Dennis Lomack seine deutlich jüngere Frau und Muse Marianne verlassen und seither den Kontakt zu seinen beiden Töchtern verloren. Nach einem Suizidversuch Mariannes holt er die mittlerweile 16-jährige Edie und die zwei Jahre jüngere Mae zu sich nach New York, während die Mutter in eine psychiatrische Klinik in Louisiana eingewiesen wird.

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Schizophrenie. Die Krankheit verstehen, behandeln, bewältigen von Asmus Finzen

„Oft dauert es (zu) lange, bis psychotisches Erleben und Verhalten als Krankheit erkannt wird. Ebenso oft finden die Betroffenen erst spät angemessene Hilfe. Schließlich erweisen sich Vorurteile und Stigmatisierung als Behandlungshindernisse ersten Ranges. Alles dies macht es schwer, angemessen mit der Krankheit umzugehen – und, wenn sie anhält, mit ihr zu leben.“ (Seite 12)

Wie Asmus Finzen finde ich, dass die Schizophrenie „die schillerndste aller psychischen Störungen“ (Seite 11) ist, aber sie ist für mich (und für Finzen) auch mehr als das: Ich habe eine zutiefst persönliche und emotionale Beziehung zur Schizophrenie und gewissermaßen ein Herz für an Schizophrenie Erkrankte, eine echte Leidenschaft für die Erkrankung und unermessliche Energie, wenn es darum geht, über sie aufzuklären, sie zu entstigmatisieren und Betroffenen eine adäquate Behandlung zukommen zu lassen.

Ich habe mich schon sehr ausgiebig mit der Schizophrenie beschäftigt: als Wissenschaftlerin in der Hirnforschung, als Dozentin in universitärer Lehre, als Privatperson sowie in Zukunft hoffentlich als Psychotherapeutin für Menschen mit Schizophrenie. Trotz dieser intensiven Beschäftigung mit der Schizophrenie hat mir Finzen Wissen vermittelt, obgleich mir – selbstverständlich – viele seiner Ausführungen bereits geläufig und bekannt waren.

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Sakari lernt, durch Wände zu gehen von Jan Costin Wagner

„Und die Krankheit, an der er gelitten hat, habe ich nur als etwas Bedrohliches wahrgenommen, ich wollte damit nichts zu tun haben […].“ (Seite 115 der gebundenen Ausgabe)

Auf dem Marktplatz im finnischen Turku steht ein nackter Mann in einem Springbrunnen. Er hat ein Messer bei sich, und als ihm der Polizist Petri Grönholm zu nahe kommt, beginnt der Mann, sich selbst zu verletzten. Die Situation eskaliert, und Petri erschießt den Mann, der – wie er schließlich feststellt – eigentlich noch ein Junge war.

Petri kann später gar nicht mehr genau sagen, wieso er den Jungen, Sakari Ekman, getötet hat, wird von Schuldgefühlen geplagt und versucht herauszufinden, wer Sakari war und wieso er nackt im Springbrunnen stand. Dabei hilft ihm sein Kollege Kimmo Joentaa, der die Eltern des Toten aufsucht, dabei selbst in Gefahr gerät und von einer weiteren Katastrophe erfährt, die sich Jahre zuvor zugetragen hat.

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Die abklingende Psychose von Jann Schlimme und Burkhart Brückner

„Mit ihrem Buch tragen Jann E. Schlimme und Burkhart Brückner zu der wichtigen Diskussion um die Wertschätzung und Verarbeitung psychotischer Erfahrungen bei, der sich die Betroffenen in ihrem Umgang mit den oft zutiefst erschütternden Erfahrungen stellen müssen.“ (Seite 8)

Der Aufbau von Die abklingende Psychose orientiert sich am Genesungsverlauf. Es werden u.a. die Phasen des Genesungsverlaufs mit dem Erreichen eines Wendepunkts, dem Wahrnehmen und Differenzieren doppelter Realitäten, dem „Parken“ psychotischer Realität und einer integrierten Psychoseerfahrung thematisiert, bevor die Autoren ein Modell der abklingenden Psychose vorstellen.

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Stalins Kühe von Sofi Oksanen

„Der schlimmste Feind des Esten ist der Este.“

Anna ist Bulimikerin, ihr Leben ist bestimmt vom Essen und von der Beschäftigung mit Essen. In Stalins Kühe wird die Geschichte von Anna und ihrer Krankheit, von Annas Familie und ihrer Herkunft erzählt. So wie Anna ihre Krankheit leugnet, leugnet ihre Mutter Katariina ihre estnische Herkunft und erwartet auch von Anna, dass sie nicht über ihre Familiensituation spricht, denn Estinnen sind in Finnland nicht angesehen. Stalins Kühe von Sofi Oksanen weiterlesen

Umgang mit bipolaren Patienten von Larissa Wolkenstein und Martin Hautzinger

„Wir möchten in diesem Buch auf diejenigen Situationen eingehen, die den Umgang mit bipolaren Patienten für professionelle Helferinnen und Helfer zu einer ganz besonderen Herausforderung machen. Wir hoffen, dass es uns mit diesem Buch gelingt, diejenigen Befürchtungen oder Vorbehalte abzubauen, die psychiatrisch Tätige auch heute noch oft zu haben scheinen, wenn es um die Behandlung von und den Umgang mit bipolaren Patienten geht.“ (Seite 8)

Larissa Wolkenstein und Martin Hautzinger fassen in ihrem Basiswissen-Titel die wichtigsten Informationen zu bipolaren Störungen zusammen, berichten unter anderem von diagnostischen Kriterien der depressiven, manischen und hypomanen Episoden, Krankheitsverlauf, Bipolar-I- und Bipolar-II-Störung, Zyklothymie, Vulnerabilitäts-Stress-Modell, Umgang mit manischen Patienten, Suizidalität, Sorgen und Ängsten von Angehörigen sowie sozialen Folgen einer bipolaren Störung wie Stigmatisierung und Entscheidungen bezüglich Schwangerschaft und Kinderwunsch.

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