
„Als der Reaktor passierte, zählte ich mich zu denjenigen, die glimpflich davonkamen. Meine Kinder waren in Sicherheit, mein Mann würde sowieso nicht mehr lange halten, und mein Fleisch war damals schon zäh. Im Grunde hatte ich nichts zu verlieren. Und ich war bereit zu sterben. […]
Bis heute wundere ich mich jeden Tag darüber, dass ich noch da bin. Jeden zweiten frage ich mich, ob ich vielleicht eine von den Toten bin, die umhergeistern und nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass ihr Name bereits auf einem Grabstein steht.“ (Seite 12)
Nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl musste Baba Dunja 1986 ihr Heimatdorf Tschernowo – ein fiktiver Ort in der Sperrzone von Tschernobyl – verlassen. Doch eines Tages kehrt sie zurück in ihr altes Haus und zu ihrem verwilderten Garten, in dem sie Obst und Gemüse anbaut. Ihr folgen weitere Greise, die beschlossen haben, ihren Lebensabend in der Abgeschiedenheit der Sperrzone zu verbringen.
Baba Dunjas letzte Liebe von Alina Bronsky weiterlesen



„Nach Beobachtungen wurde am 29. April 1986 eine hohe Strahlenbelastung in Polen, Deutschland, Österreich und Rumänien registriert, am 30. April in der Schweiz und in Norditalien, am 1. und 2. Mai in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Großbritannien, Nordgriechenland, am 3. Mai in Israel, Kuweit und der Türkei. In große Höhe geschleuderte gasförmige und flüchtige Substanzen breiteten sich global aus. Am 2. Mai wurden sie in Japan registriert, am 4. Mai in China, am 5. Mai in Indien, am 5. und 6. Mai in den USA und in Kanada. Weniger als eine Woche brauchte es, um Tschernobyl zum Problem der ganzen Welt werden zu lassen.“