Schlagwort-Archive: Roman

Die letzten Meter bis zum Friedhof von Antti Tuomainen

„Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber diese Vergiftung wird unweigerlich den Tod herbeiführen.“ (Seite 17)

Der 37-jährige Jaakko, der zusammen mit seiner Frau mit Matsutake-Pilzen handelt, hat eine Vielzahl an Symptomen, und schließlich zeigen die durchgeführten Untersuchungen, dass seine Nieren, die Leber, das Pankreas und möglicherweise auch das Gehirn schwer geschädigt sind: Jaakko zeigt ausgeprägte Vergiftungssymptome, und sein Arzt macht ihm wenig Hoffnung auf ein Überleben, denn die Schädigungen sind sehr weit fortgeschritten, unumkehrbar und die verantwortlichen Substanzen zudem nicht identifizierbar.

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Meine Schwester, die Serienmörderin von Oyinkan Braithwaite

„Ab drei wird man als Serienmörder bezeichnet.“ (Seite 52)

Ayoola hat es wieder getan: Sie hat ihren Partner umgebracht, und nun muss ihre Schwester Korede ihr zum wiederholten Male helfen, die Wohnung vom Blut zu reinigen und die Leiche verschwinden zu lassen.

Korede, die als Krankenschwester arbeitet, ist ganz anders als ihre wunderschöne Schwester, die den Männern immer wieder den Verstand vernebelt und sie dann mit ihrem scharfen Messer niedermetzelt. Korede ist schüchtern gegenüber Männern und heimlich verliebt in den Arzt Tade, mit dem sie zusammenarbeitet. Und eines Tages, als Ayoola sie in der Klinik besucht, verliebt sich Tade Hals über Kopf in Ayoola.

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Das Licht von T. C. Boyle (Buch und Hörbuch)

„Die Vorstellung, das Ganze irgendwie steuern zu können, kam ihm vor wie ein Witz, das Konzept der Persönlichkeit wie ein Schwindel, Schizophrenie wie die einzige realistische Prognose, denn diese Drogen hießen ja nicht umsonst „Psychotomimetika“. Natürlich… natürlich… er war dabei, den Verstand zu verlieren – was sonst hatte er erwartet?

Er hatte Angst, nichts als schreckliche Angst.“ (Seite 86)

Im Dezember 1996 habe ich Albert Hofmanns LSD – mein Sorgenkind gelesen. Ich kann mich noch genau daran erinnern, weil ich das Buch damals zeitgleich einem Freund geschenkt habe, den ich immer mit dem Buch und dem Thema assoziieren werde. Mein Einstieg in T.C. Boyles 17. Roman war somit ein sehr emotionaler, der viele Erinnerungen wachgerufen und der mich deshalb sofort in seinen Bann geschlagen hat.

Boyle startet Das Licht mit einer sehr eindrücklichen Szene, in der der Chemiker Hofmann, der 1938 verschiedene Amid-Derivate der Lysergsäure, darunter das Diethylamid LSD-25, synthetisierte, 1943 zum ersten Mal und unabsichtlich die Substanz zu sich nahm. Boyle schildert dabei Hofmanns Erfahrungen mit LSD und berichtet von weiteren Versuchsreihen, um mehr über die Substanz, ihre Auswirkungen und die Dosierung zu erfahren.

Nach diesem Vorspiel im Basel des Jahres 1943 steigt Boyle mit seiner eigentlichen Geschichte ein und nimmt den Leser mit nach Cambridge, wo Timothy Leary seinen Lehrstuhl für Psychologie an der Harvard University dafür nutzt, um mit psychedelischen Drogen wie Psilocybin und LSD zu experimentieren. Mit der Unterstützung des Arzneimittelherstellers Sandoz und seiner Doktoranden möchte er herausfinden, ob diese psychoaktiven Substanzen die Psychotherapie revolutionieren können, indem sie „den Kontrollturm des Gehirns außer Gefecht […] setzen“ (Seite 46). Das Licht von T. C. Boyle (Buch und Hörbuch) weiterlesen

Junge mit schwarzem Hahn von Stefanie vor Schulte (Hörbuch)

„Und es ist sicher, dass er niemandem davon berichten darf, wie der Hahn zu ihm spricht. Denn alle würden meinen, mit der Stimme des Teufels, aber Martin weiß, mit dem Teufel hat der Hahn so wenig zu tun wie er selbst.“ (CD 1, Track 15)

Der 11-jährige Martin besitzt nichts außer einem Hahn, den er auf der Schulter oder unter der Kleidung trägt. Dies ist sein einziger Gefährte, seit er als Dreijähriger seine ganze Familie verloren hat, nachdem der Vater seine Geschwister und seine Mutter erschlagen hat.

Die Dorfbewohner verachten, fürchten und meiden Martin, denn der kluge und liebenswürdige Junge ist ihnen nicht ganz geheuer, und der schwarze Hahn ist für sie eindeutig der Teufel.

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Das Baby ist meins von Oyinkan Braithwaite

„Beinahe über Nacht schien das Leben zum Stillstand gekommen zu sein, und es wurde nicht länger als sicher angesehen, sich frei unter andere Menschen zu mischen. Also blieben wir zu Hause.“ (Track 1)

Bambi lebt gerade mit seiner aktuellen Partnerin Mide zusammen, als auch in Nigeria ein Lockdown aufgrund der Corona-Pandemie beschlossen wird. Als Mide dahinter kommt, dass Bambi fremdgegangen ist, setzt sie ihn – trotz verschärfter Ausgangsregelungen – kurzerhand vor die Tür.

Bambi hat nicht viel Handlungsspielraum und entschließt sich, zu seiner Tante – Auntie Bidemi – zu fahren, die ein kleines Baby hat und deren Ehemann gerade an Covid-19 verstorben ist.

Bei Auntie Bidemi trifft er aber nicht nur auf die Tante und ihr Baby Remi, sondern auch auf Esohe, die Ex-Geliebte seines Onkels.

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Der Fallmeister. Eine kurze Geschichte vom Töten von Christoph Ransmayr (Hörbuch)

„Wie dünn, möglicherweise bloß hauchzart, war die Membran, die das Innerste eines friedlichen, Musik und Malerei und dazu Süßigkeiten, seine Kinder oder wenigstens sein Vieh liebenden Menschen von einer tief in ihm kauernden Bestie trennte.“ (Track 39)

Fünf Menschen ertrinken, als ihr Langboot im Wildwasser des Weißen Flusses den Großen Fall hinunterstürzt. Der Schleusenwärter, ein „Fallmeister“ und Vater des Erzählers, hätte dieses Unglück verhindern müssen. Aber handelt es sich überhaupt um einen Unfall oder (wie der Sohn meint) um Mord?

Neben der Geschichte des Unglücks erzählt Christoph Ransmayr in seiner Dystopie, in der Europa in einen Vielstaatenkontinent zerfallen ist und Kriege um Wasser an der Tagesordnung sind, unter anderem von den Weißen und den Roten Khmer, vom Alten Ägypten und Tutanchamun sowie von der inzestuösen Beziehung zwischen dem Erzähler und seiner Schwester.

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Vati von Monika Helfer (Hörbuch)

„Wir sagten Vati. Er wollte es so. Er meinte, es klinge modern. Er wollte vor uns und durch uns einen Mann erfinden, der in die neue Zeit hineinpasste. An dem eine andere Vergangenheit abzulesen wäre.“ (CD 1, Track 2)

In Vati erzählt Monika Helfer von ihrem Vater, von ihrer Kindheit und Jugend, vom Leben im Kriegsopfer-Erholungsheim, von der Bibliothek des Vaters, vom Tod ihrer Mutter und dem Leben bei ihrer Tante sowie vom Rest der Familie – der „Bagage“, der sie im gleichnamigen Roman ein Denkmal gesetzt hat.

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Das Mädchen mit der lauternen Stimme von Abi Daré

„die Zukunft arbeitet ständig, ist immer damit beschäftigt, bessere Dinge zu enthüllen, und auch wenn es manchmal nicht so scheint, darauf können wir hoffen“ (Seite 363)

Die 14-jährige Adunni lebt nach dem Tod ihrer Mutter zusammen mit ihrem Vater und ihren Geschwistern in ihrem Heimatdorf in Nigeria. Der Vater ist Alkoholiker und hat Geldsorgen, weshalb er Adunni mit Morufu, einem deutlich älteren Taxifahrer „mit Ziegenbartgesicht“ verheiratet, um von einem Teil des Brautpreises die Miete und Essen bezahlen zu können.

Morufu hat bereits zwei Ehefrauen, wobei die Erstfrau Adunni tyrannisiert und die Zweitfrau Adunni unterstützt, wo sie nur kann. Von ihrem Ehemann Morufu, der sich sehnlichst einen Sohn wünscht, wird Adunni immer wieder vergewaltigt, und sie, die wegen ihres Vaters die Schule abbrechen musste, träumt weiterhin davon, wieder zur Schule zu gehen, zu lernen, später zu arbeiten und Geld zu verdienen.

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Würde von Andrew Brown

„Die Seele meines Landes ist durch und durch verfault.“

Stefan Svritsky hat einen Jungen überfahren, ihn sterbend auf der Straße zurück gelassen und dann Fahrerflucht begangen. Es gibt zwar einen Zeugen für den Unfall, aber diese Person hat einen falschen Namen und eine falsche Adresse angegeben, ist unauffindbar.

Der Anwalt Richard Calloway vertritt Svritsky und verliert nach und nach die Kontrolle über sein eigenes Leben. Würde von Andrew Brown weiterlesen

Mond über Beton von Julia Rothenburg

„Wer hier aus der U-Bahn steigt, ist selber schuld.“ (Seite 9, Zitat aus „Die Welt, 7.3.2016“)

Das „Zentrum Kreuzberg“, das bis 2000 „Neues Kreuzberger Zentrum“ (NKZ) hieß, ist ein Gebäude mit 12 Stockwerken am Kottbusser Tor. Der Bau begann 1969, im Sommer 1974 wurde das NKZ erstmals bezogen.

In diesem real existierenden Gebäude leben in Julia Rothenburgs Roman unter anderem Stanca, die ursprünglich aus Rumänien stammt, verwitwet, verarmt und einsam ist, der ebenfalls verwitwete Mutlu, den die Lebensfreude verlassen hat und der mit der Erziehung seiner beiden Söhne überfordert ist, Mutlus Nichte Aylin, die in der Wohnung über ihm wohnt und versucht, ihrem Onkel und ihren Cousins so gut wie möglich zu helfen, sowie Marianne und Günther, die entsetzt ob der allgegenwärtigen Gewalt am Kotti sind und eine Bürgerwehr zusammenstellen, um auf eigene Faust gegen Junkies und Dealerbanden vorzugehen.

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