Schlagwort-Archiv: Roman

Zwischen uns und morgen von Peter Zantingh

„Alles zieht Folgen nach sich.“ (Seite 22)

Robin und Tess sind vor einer Weile Eltern geworden, und nun befindet sich Tess auf Lesereise in Deutschland. Robin reist ihr nach, nachdem er das Paket mit Rezensionsexemplaren mit den von Tess illustrierten Büchern geöffnet hat.

Auf der Zugfahrt durch Deutschland erzählt Robin vom Kennenlernen der beiden, von ihrem Sohn Mats, vom Klimawandel und von den Überlegungen, wegen der düsteren Zukunftsaussichten kein Kind in die Welt zu setzen.

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Diebstahl von Abdulrazak Gurnah

„Zu den Freuden der Macht gehörte auch, willkürlich bestrafen, schikanieren und vertreiben zu können.“ (Seite 10)

Die 17-jährige Raya wurde blitzschnell verheiratet, als ihr Vater herausgefunden hatte, dass ein junger Mann ihr nachstellte. Rayas Onkel Hafidh und Rayas Vater wählen als Ehemann Bakari Abbas, einen (anscheinend) freundlichen Mann, der fast drei Mal so alt wie Raya ist. Der herrische Vater bringt Raya dazu, der Ehe zuzustimmen, obwohl sie von Anfang an große Bedenken hat.

Die Ehe ist geprägt von Streit, Grausamkeiten, Verachtung und Todesangst. Und als der aus der Ehe hervorgehende Sohn Karim drei Jahre alt ist, verlässt Raya ihren Ehemann und zieht zurück zu ihren Eltern.

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Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten von Anna Maschik (Hörbuch)

„Dat du min Leevsten büst.“ (Track 7)

Alma erzählt die Geschichte ihrer Familie über ein ganzes Jahrhundert hinweg. Sie beginnt ihren Bericht mit ihrer Urgroßmutter Henrike, die auf einem Bauernhof an der Nordsee geboren wurde. Ihr erstgeborener Sohn Benedikt kam schlafend zur Welt, erwachte erst 15 Jahre später, um dann nie wieder zu schlafen.

Das zweite Kind Henrikes war die von der Mutter ungeliebte Tochter Hilde, und so begleitet der Leser/Hörer die Familie und ihre Geschichte über die Zeit hinweg.

Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten ist ein kurzer Roman, der jedoch dicht geschrieben ist, voller besonderer Geschichten und Beobachtungen steckt und in anspruchsvoller Sprache niedergeschrieben wurde.

Das Ganze ist märchenhaft und doch aus dem Leben gegriffen, magisch-realistische Elemente ziehen sich durch das gesamte Buch, zum Beispiel der stets schlafende und später nie schlafende Benedikt, Gemüse, das mit der Zeit weiß wird, oder eine Frau, die Wurzeln treibt.

Ich empfand das Buch, das von Julia Franz Richter eindringlich eingelesen wurde und sehr stimmungsvoll ist, als sehr bewegend und als fesselnd erzählt. Beim Hören spürt man regelrecht die Seeluft, lauscht den magisch-realistischen Sc das sie von sich gibt.

Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten ist ein ganz wundervolles Debüt, das zu meinen Lieblingsbüchern 2025 gehört, auch wenn – oder gerade weil – einige Stellen extrem abstoßend sind, zum Beispiel wenn es um das Schlachten geht oder das Herstellen von Würsten.

Anna Maschik: Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten. Ungekürzte Lesung von Julia Franz Richter. der Hörverlag, 2025; 12,95 Euro.

Das Geschenk eines Regentages von Makoto Shinkai und Naruki Nagakawa

„Wir können uns nicht alles merken. Nur die wirklich wichtigen Dinge bleiben in unserem Gedächtnis. Aber es gab ohnehin überhaupt nichts, was ich mir merken wollte.“ (Seite 10f)

Der namenlose Erzähler wurde auf der Straße ausgesetzt, ist vom Regen durchnässt und wird von einer Frau gefunden, von ihr aufgenommen und ist seither ihr Kater. Die Frau wird bei der Arbeit geschätzt, doch hat Schwierigkeiten, sich auf Menschen einzulassen und redet wenig. Zwischen den beiden entsteht eine enge Beziehung, und der Kater bekommt endlich einen Namen: Chobi.

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Was wir wissen können von Ian McEwan

„Und inmitten all dieses Unheils schuf die Weltliteratur ihre schönsten Klagegesänge, hinreißend nostalgisch, voll beredter Wut – Meisterwerke, so unser Versprechen, die wir gemeinsam studieren würden.“ (Seite 73)

Mai 2119: Der Literaturwissenschaftler Thomas Metcalfe recherchiert zu den Jahren 1990 bis 2030, liest 12 Bände von Vivien Blundys Tagebüchern. Sie war die Ehefrau des großen Dichters Francis Blundy, der ihr 2014 zum Geburtstag ein Gedicht geschrieben hat – „Ein Sonettenkranz für Vivien“ -, das seither verschollen ist.

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Autobiografie meines Körpers von Lize Spit

„Eine Mutter ist diejenige, trotz der man existiert, eine Mama ist diejenige, dank der man existiert.“ (Seite 18)

Die Mutter von Lize Spit hat ein Ösophagus-Karzinom und lässt sich zeitgleich zur Diagnosestellung von ihrem Ehemann scheiden.

Spit erzählt von ihrem eigenen Aufwachsen, von ihren Geschwistern Siska, Jules und Tiny, von der Alkoholabhängigkeit der Mutter, von ihrer Kindheit und Jugend mit Entbehrungen und von fehlender Bindung.

Sie berichtet zudem von selbstverletzendem Verhalten, vom eigenen Alkoholkonsum, von der langen Sprachlosigkeit zwischen ihr und der Mutter, die sich durch die Diagnosestellung plötzlich verändert.

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Alchemised von SenLinYu (Hörbuch)

Helena Marino, einst eine Kämpferin des Widerstands, gerät nach dem Krieg in die Händen des gefürchteten High Reeves Kaine Ferron. Sie ist ihrer Vergangenheit beraubt, kann sich nur bruchstückhaft an die Begebenheiten im Krieg erinnern.

Kaine setzt verbotene alchemistische Kräfte ein, um in Helenas Geist einzudringen. Doch je tiefer er in ihr Bewusstsein vordringt, desto mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Täter und Opfer.

Während Helena um ihre Identität und ihr Überleben kämpft, verstricken sich beide in Verlangen, Kontrolle durch andere, Kontrollverlust und verdrängte Schuld.

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Das Leben des Vernon Subutex 1 von Virginie Despentes

„Im Angesicht der Katastrophe hält sich Vernon an einen Grundsatz: so tun, als ob nichts wäre.“ (Seite 7)

Vernon Subutex ist Ende 40 und hat 25 Jahre lang als Plattenverkäufer im „Revolver“ in Paris gearbeitet. 2006 musste er seinen Plattenladen schließen, und nun ist ihm das Geld ausgegangen. Er hat keinen Kaffee mehr im Haus, kaum Tabak, kein Essen, und das Wohngeld kommt schon seit Monaten nicht mehr.

In seinem Umfeld sind zudem viele Leute gestorben, und nun muss er auch noch seine Wohnung räumen.

Als er die Wohnung verlässt, nimmt er drei Tapes mit, die Aufnahmen des verstorbenen Alexandre Bleach enthalten. Und er überlegt, bei wem er sich nun einquartieren kann. Zuerst kommt er bei Emilie unter, die darüber alles andere als begeistert ist, und zieht dann von einem (früheren) Freund zum nächsten.

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Hund, Wolf, Schakal von Behzad Karim Khani

„Er rannte vor etwas weg, nicht zu etwas hin.“ (Seite 22)

Nachdem Saams Mutter im Teheraner Evin-Gefängnis gefoltert und getötet wurde, flieht sein Vater zusammen mit ihm und seinem jüngeren Bruder Nima aus dem Iran und landet schließlich in Berlin.

An der Hauptschule trifft Saam schließlich auf den Libanesen Heydar, der andere abzieht und schon früh nicht vor Gewalt zurückschreckt. Und um in dieser Umgebung nicht unterzugehen, nicht weich zu wirken und um sich zu behaupten, muss Saam schließlich auch zeigen, dass er zu allem bereit ist.

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No Way Home von T.C. Boyle

„das hier war eine Klasse für sich“ (Seite 49)

Terrence, genannt Terry, arbeitet als Arzt in Los Angeles und erbt nach dem Tod seiner Mutter ihr Haus in Boulder City im Bundesstaat Nevada.

Dorthin fährt Terry, um die Angelegenheiten seiner Mutter zu klären, und dort lernt er gleich am ersten Abend Bethany kennen, eine ebenso attraktive wie geheimnisvolle junge Frau, die nach der Trennung von ihrem Partner Jesse gerade eine neue Bleibe sucht.

Terry und Bethany kommen sich sofort näher, und Bethany macht Terry den Vorschlag, aufs Haus seiner Mutter aufzupassen, während er in Los Angeles ist. Terry lehnt das ab, doch dann quartiert sich Bethany einfach heimlich in seinem Haus ein.

Die beiden verlieben sich schließlich ineinander, gehen eine Beziehung ein – und Terry verliert mit der Zeit immer mehr die Kontrolle über sein Haus.

Zudem macht ihm Bethanys Ex das Leben schwer, und schließlich kommt es zu einer schicksalhaften Begegnung zwischen Terry und Jesse in der Wüste.

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