Nachbesprechung von Zwangsmaßnahmen. Ein Praxisleitfaden von Lieselotte Mahler, Alexandre Wullschleger und Anne Oster

„In der näheren Auseinandersetzung mit dem Thema merke ich, wie absolut unverarbeitet diese Erfahrung von Demütigung, unendlicher Scham und Ohnmacht in mir aufsteht, wie alles zurückrollt – als wäre es gestern gewesen. Dabei ist es Jahre her. Bis heute erlebe ich die Zwangsmaßnahmen als ungerecht, als willkürlich, als Machtdemonstration, als Grenzüberschreitung. Hätte mir eine Nachbesprechung geholfen?“ (Seite 9f)

Das Buch ist aus der Praxis des Weddinger Modells in einem multiprofessionellen Team entstanden und bietet initial eine Begriffsklärung sowie Wissenswertes über Formen von Zwang in der Psychiatrie (Unterbringung, Isolierung, Fixierung, Zwangsmedikation), im Verlauf Informationen zu rechtlichen Rahmenbedingungen, zu Ursachen und Folgen von Zwangsmaßnahmen und zum Weddinger Modell. Nachfolgend wird der Leitfaden zur standardisierten Nachbesprechung erfolgter Zwangsmaßnahmen vorgestellt und Möglichkeiten der Implementierung in den Behandlungsalltag diskutiert. Schließlich werden auch die Ergebnisse der Evaluation der leitfadengestützten Nachbesprechung präsentiert.

Ich bin erklärter Thomas Bock-Fan, und sein Vorwort ist (wie immer) respektvoll und gelungen, macht neugierig auf das Buch und macht die Bedeutung des Themas deutlich.

Auch das Vorwort von Gwen Schulz, die als Betroffene extrem wertvolle Einblicke bietet, ist ein echter Zugewinn für ein solches Buch, und es zeigt ganz klar, dass wir viel mehr den Betroffenen zuhören, ihren Blick auf unser Handeln in der Psychiatrie mehr zu eigen machen, uns mehr einfühlen sollten.

Ich arbeite aktuell nicht auf einer akutpsychiatrischen Station, fand den Leitfaden aber nichtsdestotrotz hilfreich und wichtig, so dass ich das Buch gerne empfehle und für eine zukünftige Tätigkeit im akutpsychiatrischen Setting gerne im Hinterkopf behalte, denn dass die Nachbesprechung von Zwangsmaßnahmen essentiell ist, wird spätestens bei der Lektüre des schmalen Buches deutlich. Die Autoren machen es dem Leser zudem sehr einfach, den Leitfaden selbst einzusetzen, denn die Ausführungen sind stets nachvollziehbar und durch die Beispiele aus der Praxis sehr eingängig und praxisnah.

Lieselotte Mahler, Alexandre Wullschleger und Anne Oster: Nachbesprechung von Zwangsmaßnahmen. Ein Praxisleitfaden. Psychiatrie Verlag, 2021, 107 Seiten; 30 Euro.

Dazu hab ich auch was zu sagen!