Psychopathen. Was man von Heiligen, Anwälten und Serienmördern lernen kann von Kevin Dutton

„Klinisch betrachtet ist Psychopathie eine Form der Persönlichkeitsstörung. Aber wie Angst, Depression und andere psychische Störungen kann sie gelegentlich anpassungsfähig sein. […] Wir werden sehen, dass Psychopathen eine Reihe von Eigenschaften haben, von denen persönliche Anziehungskraft und ein Talent zur Verstellung nur das Startpaket sind, die nicht nur am Arbeitsplatz, sondern im Alltag generell von Nutzen sein können, vorausgesetzt, man kann damit umgehen.“ (Seite 14)

Der Forschungspsychologe Kevin Dutton erzählt in seinem Buch von John Wayne Gacy und Emotionalität, Ted Bundy und Saddam Hussein, Evolution und Spieltheorie, warmer und kalter Empathie, Neil Armstrong und Mondlandung, Persönlichkeit und Big Five, Psychopathie-Checkliste und klinischer Diagnose, erfolgreichen und erfolglosen Psychopathen, Dunkler Triade und Reproduktion, Skrupellosigkeit und Furchtlosigkeit, Achtsamkeit und Spiritualismus.

Ich lese gerade vermehrt über Psychopathie, und Duttons Fokus auf Vorteile von Psychopathie fand ich sehr gelungen und sehr spannend. Er bildet die Komplexität von Psychopathie gut ab und widmet sich dem Thema in seiner ganzen Breite. Das hat in meinen Augen echten Mehrwert und zeigt dem Leser, dass das Merkmal Psychopathie mehr ist als Serienkiller und Gewalttätigkeit. Und DAS ist wirklich spannend – und wirklich relevant.

Das Buch lässt sich zudem sehr gut und flüssig lesen, ist dabei sehr informativ, und durch die vielen Studien, deren Studiendesigns teilweise recht ausführlich vorgestellt und deren Ergebnisse sehr anschaulich erklärt werden, sind die Ausführungen gut (be-)greifbar und spannend zu lesen.

Was mir negativ aufgefallen ist, ist die inkorrekte Verwendung des Wortes „schizophren“ („Empathie ist schizophren“ auf Seite 33), was mich immer sehr ärgert, weil es in diesem Kontext schlichtweg falsch ist und Stigmatisierung fördert. Auch die Beschreibung einer Magnetresonanztomografie ist nicht korrekt, was mich etwas verunsichert, was andere Schilderungen im Buch angeht, die möglicherweise auch ungenau bzw. vage sind.

„Kaum hat man das Wort Psychopath ausgesprochen, tauchen im Kopf Bilder von Serienkillern, Vergewaltigern und verrückten Bombenlegern auf. Was aber, wenn ich Ihnen ein völlig anderes Bild zeichne? Wenn ich Ihnen sage, dass der Brandstifter, der Ihr Haus niederbrennt, in einem Paralleluniversum auch der Held sein könnte, der sich mutig in ein brennendes, einsturzgefährdetes Gebäude stürzt, um nach Ihren Lieben zu suchen und sie dort herauszuholen?“ (Seite 26)

Kevin Dutton: Psychopathen. Was man von Heiligen, Anwälten und Serienmördern lernen kann. Übersetzung von Ursula Pesch. dtv, 2014, 336 Seiten; 12 Euro.

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