Mut zur Vergebung von Ndaba Mandela

„Mein Großvater war der Ansicht, ein Mann habe dann Macht, wenn er seine eigene Geschichte verändern kann und dadurch die Welt.“ (Seite 15)

Ndaba Mandela ist der Enkel von Nelson Mandela. Sein Vater Makgatho Lewanika Mandela, der 2005 an den Folgen einer HIV-Infektion starb, war der Sohn Nelson Mandelas aus seiner ersten Ehe mit Evelyn Ntoko Mase.

Ndaba Mandela wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und verbrachte seine Kindheit bei verschiedenen Familienangehörigen, wurde aufgrund des Alkoholismus seiner Eltern von einem zum nächsten Familienmitglied weitergeschickt. Im Alter von sieben Jahren besuchte Ndaba Mandela seinen berühmten Großvater im Victor-Verster-Gefängnis bei Kapstadt, kurz bevor dieser nach 27 Jahren aus der Haft entlassen und wieder zu einem freien Mann wurde.

Nach dieser ersten Begegnung zwischen Großvater und Enkel dauerte es vier Jahre, bis sich die beiden wiedertrafen und Ndaba Mandela schließlich bei Nelson Mandela lebte und aufwuchs.

In Mut zur Vergebung erzählt Ndaba Mandela von seiner schwierigen und entbehrungsreichen Kindheit im Slum, vom Leben bei seinem Großvater, der ihm Unterstützung und eine sichere Umgebung bot, von seiner Jugend, in der er versucht hat, sich von der Strenge, den hohen Ansprüchen und den strikten Regeln seines Großvaters abzugrenzen und dagegen zu rebellieren, und von seinem Leben als junger Erwachsener, der in die Fußstapfen seines berühmten Großvaters getreten ist und ihn als großes Vorbild für sein eigenes Leben sieht.

Dabei verflicht Ndaba Mandela seine persönliche Geschichte mit der Lebensgeschichte seines Großvaters und anderen Familienmitgliedern und bettet diese in die Geschichte und Politik Südafrikas ein.

Das Buch beginnt mit einem Foto des 95-jährigen Nelson Mandela mit seinem damals dreijährigen Urenkel Lewanika, dem Sohn von Ndaba Mandela. Dieses Bild hat mich zu Tränen gerührt, und auch der schöne, respekt- und würdevolle Prolog hat mich sehr bewegt. Ndaba Mandela erzählt mit großer Wärme von seinem Großvater, und durch die vielen privaten Anekdoten im Buch kann man Nelson Mandela von einer ganz anderen, sehr persönlichen Seite kennenlernen. Viele der beschriebenen Episoden waren mir bereits aus Nelson Mandelas Autobiografie Der lange Weg zur Freiheit bekannt, aber Ndaba Mandela bietet dem Leser in seinem Buch eine neue Perspektive, aus der man auf die Ereignisse blicken kann. Ndaba Mandela zeigt in seinem Buch auch eine unbekanntere Seite Nelson Mandelas: seine Strenge, seine Wut, die Streitereien mit ihm.

Ndaba Mandela schreibt mit hoher Emotionalität und ist dabei ebenso liebevoll (wenn er über seine Erlebnisse, Gedanken und Gefühle als Kind und als Erwachsener schreibt) wie zynisch (bei Schilderungen aus seiner Jugend). Dies macht Mut zur Vergebung zu einem herzlichen, liebevollen und menschlichen Buch, das alle Facetten der Beziehung zwischen Ndaba Mandela und Nelson Mandela abdeckt, und es ist gleichzeitig eine beinahe märchenhaft anmutende Geschichte – nicht nur durch die eingeflossenen Legenden, Märchen und Sprichwörter, sondern auch aufgrund der persönlichen Geschichte Ndaba Mandelas vom Slum-Kind zum erfolgreichen Aktivisten sowie der Lebensgeschichte seines Großvaters, der auch nach 27-jähriger Haft nicht verbittert war, der die Welt mit seiner Güte und seiner Fähigkeit zur Vergebung, seinem Stolz und seiner Weisheit verändert hat:

>>Madiba schrieb in ‚Der lange Weg zur Freiheit‘:

„Freiheit ist unteilbar. […] Ich wusste so gut, wie ich nur irgendetwas wusste, dass der Unterdrücker genauso befreit werden musste wie der Unterdrückte. Ein Mensch, der einem anderen die Freiheit raubt, ist ein Gefangener des Hasses, er ist eingesperrt hinter den Gittern von Vorurteil und Engstirnigkeit. […] Der Unterdrückte und der Unterdrücker sind gleichermaßen ihrer Menschlichkeit beraubt.“<< (Seite 86)

Ndaba Mandela: Mut zur Vergebung. Das Vermächtnis meines Großvaters Nelson Mandela. DuMont Buchverlag, 2018, 224 Seiten; 20 Euro.

Dieser Post ist Teil des Südafrika-Themas im Juni 2018.

Dazu hab ich auch was zu sagen!