„[…] wir gieren förmlich danach, Orte zu finden, die ab vom Schuss sind, die irgendwie geheim oder zumindest in der Lage sind, uns zu überraschen.“
Alastair Bonnett hat für sein Buch 47 Orte zusammengetragen, die eines gemeinsam haben: Sie sind wirklich und wahrhaftig seltsam.
Das Buch beinhaltet verlorengegangene Orte (z.B. die Sandy Islands, die nie existiert haben, das alte Mekka, das fast vollständig abgerissen wurde), versteckte Geographien (z.B. Selenogorsk, eine einst geheime Stadt, die für die Herstellung von Atomwaffen gebaut wurde, der Nordfriedhof von Manila, wo bettelarme Menschen in Grabstätten leben), Niemandsländer (z.B. Gebiete zwischen Grenzposten, der Ort Bir Tawil, den anscheinend niemand haben will), Geisterstädte (z.B. die westaustralische Asbest-Stadt Wittenoom, die unbewohnte nordkoreanische Stadt Kijong-dong, in der Leben nur simuliert wird, die Stadt Prypjat in unmittelbarer Nähe zum Atomkraftwerk Tschernobyl, die von ihren Bewohnern verlassen und von der Natur zurückerobert wurde), Ausnahmeräume (z.B. das geheime Verhör- und Internierungszentrum „Bright Light“ in Bukarest, der Berg Athos, wo nicht einmal weibliche Haustiere geduldet werden), Enklaven und abtrünnige Nationen (z.B. die Chitmahals zwischen Indien und Bangladesch, das Vereinigte Königreich der Lunda Chokwe in Angola), schwimmende Inseln (z.B. die Plastikmüllinsel Pacific Trash Vortex, das private Kreuzfahrtschiff „The World“) sowie vergängliche Orte (z.B. das Parkdeck am Flughafen von Los Angeles).
Der Einstieg ins Buch fiel mir etwas schwer, und ich dachte anfangs, dass das Buch nichts für zwischendurch ist, denn die Sprache Alastair Bonnetts ist anspruchsvoll und oft philosophisch. Doch gleich nach der Einleitung hatte mich der Autor für sich und sein Buch gewonnen. Sobald ich mich eingelesen hatte, war ich vom Inhalt so begeistert, dass ich das Buch trotz des sprachlichen Anspruchs flüssig und sehr schnell gelesen habe.
Die einzelnen Orte werden verhältnismäßig knapp abgehandelt, dennoch transportieren die Texte sehr viel Wissen. Ich habe auf jeder Seite etwas Neues gelernt, hatte viel Spaß beim Lesen und habe immer wieder gestaunt.
Die ausgewählten Orte wurden hervorragend recherchiert, sind komisch und tragisch, trostlos und bizarr, amüsant und schockierend – und dabei stets beeindruckend und faszinierend.
Die seltsamsten Orte der Welt ist ein wunderbares Buch, dem ich sehr viele Leser wünsche!
Alastair Bonnett: Die seltsamsten Orte der Welt. Geheime Städte, wilde Plätze, verlorene Räume, vergessene Inseln. Übersetzung von Andreas Wirthensohn. C.H. Beck, 2018, 296 Seiten; 14,95 Euro.
Dieser Post ist Teil des Weltreise-Themas im August 2018.