Fotografie-Special: Infrarotfotografie

Set the mood with books, capture it with photography!

Wie angekündigt, möchte ich euch heute etwas über Infrarotfotografie erzählen. Los geht’s!


Was ist überhaupt „Infrarotfotografie“?
Wenn man von Infrarotfotografie in Zusammenhang mit dem Aufnehmen von (künstlerischen) Fotos spricht, dann geht es nicht um Wärmeinfrarot (= fernes Infrarot), was man z.B. bei Wildkameras verwendet, um Tiere auch im Dunkeln auszumachen. Vielmehr geht es um sogenanntes nahes Infrarot, das sich direkt an den Wellenbereich anschließt, den wir Menschen wahrnehmen können, d.h. über 700nm.

Hier findet ihr eine kleine Abbildung, die das sehr gut veranschaulicht (Bitte für eine Vergrößerung und weitere Informationen auf das Bild klicken!):

Quelle: Wikipedia (Horst Frank / Phrood / Anony – Horst Frank, Jailbird and Phrood, CC BY-SA 3.0)

Die Welt sieht in Infrarot ganz anders aus, und der wohl markanteste und (vor allem beim Einstieg in die Infrarotfotografie) aufregendste Unterschied zum sichtbaren Licht ist der Wood-Effekt (benannt nach dem amerikanischen Experimentalphysiker Robert Williams Wood). Dieser Effekt sorgt dafür, dass chlorophyllhaltige Pflanzenteile in Infrarot schneeweiß aussehen. Dass sich Pflanzen so in Infrarot darstellen, ist übrigens nicht nur sehr hübsch und erfreut den Fotografen, sondern auch schlau: Chlorophyll ist im infraroten Bereich transparent, so dass das Licht reflektiert werden kann. Für Pflanzen ist dies essenziell, da eine zu hohe Aufnahme der Infrarotstrahlung der Sonne zum Tod durch Überhitzung führen würde.


Mein Weg in die Infrarotfotografie
Ich weiß noch genau, wann ich zum ersten Mal ein Infrarotfoto bewusst wahrgenommen habe: Ich habe ein Makrofotografie-Buch durchgeblättert und bin an einer Makroaufnahme in Infrarot hängengeblieben. So hatte ich die Welt noch nie gesehen! Mein Interesse war geweckt, und bald habe ich mir einen Aufschraubfilter von Delamax (für etwa 30 Euro) gekauft, der nur Wellenlängen über 850nm durchlässt, d.h. das sichtbare Spektrum blockt.

Nun muss man wissen, dass eine moderne digitale Spiegelreflexkamera einen Infrarotsperrfilter fest verbaut vor dem Bildsensor hat, so dass Infrarotlicht geblockt wird! Einen Aufschraub-Infrarotfilter zu benutzen ist also so, als würde man mit angezogener Handbremse Gas geben und sich wundern, dass man nicht vom Fleck kommt.

Mein erster Einsatz des Aufschraubfilters im deutschen Winter war zwar irgendwie aufregend, aber auch ernüchternd: Ich musste 8 Minuten belichten, um eine Aufnahme zu bekommen, weil es zu dieser Jahreszeit in Mitteleuropa einfach nicht hell genug ist.

Gut, dass wir kurz darauf in den australischen Sommer gefahren sind. Hier musste ich nur noch 1 Minute belichten, aber ein Stativ war bei so einer langen Belichtungszeit natürlich trotzdem essentiell. Dieses bei 45 Grad Celsius herumzutragen, hat nicht immer Spaß gemacht. Weil ich die Fotos aber so wunderbar fand, stand schon im Urlaub fest, dass ich in einen Kameraumbau investieren möchte.

Hier seht ihr ein paar meiner Infrarotbilder, die mit dem Aufschraubfilter entstanden sind:

Der (blaue) Himmel wird in Infrarot pechschwarz. Im Outback.
1A Wood-Effekt. Palme in Victoria, Australien.
Hier sieht man sehr schön den Effekt durch eine lange Belichtungszeit: geisterhafte Kricket-Spieler und verwunschen aussehender Baum im Wind. Williamstown, Victoria, Australien.

Für diesen Umbau muss man seine Kamera einschicken. Für etwa 300 Euro wird der Sperrfilter aus der Kamera entfernt und dafür ein Infrarotfilter einsetzt. Man kann dabei aus mehreren Wellenlängen wählen (ich habe mich für 715nm entschieden) oder sogar ganz auf einen Infrarotfilter verzichten (dann erhält man eine sogenannte Vollspektrumkamera, die man auch im Ultraviolettbereich verwenden kann, für die man aber wieder Filter braucht). Selbstredend kann ich diese Spiegelreflexkamera nun nur noch für Infrarotfotos verwenden, d.h. bei Fototouren laufe ich meist mit zwei Spiegelreflexkameras herum, eine für Infrarot und eine für sichtbares Licht.

Die Investition in eine Infrarotkamera war mit Abstand die beste in der Geschichte meiner Fotoausrüstungskäufe. Ich bin immer noch so glücklich mit der Kamera und meiner Entscheidung, dass ich diesen Schritt nur empfehlen kann, wenn man ernsthaft Infrarotfotos aufnehmen will.

Meine Infrarotkamera kann ich wie eine ganz normale Kamera verwenden, ich habe lediglich bemerkt, dass das Fokussieren im Live View zu schärferen Ergebnissen führt (das hatte mir der Umbauer schon angekündigt). Der Vorteil einer umgebauten Kamera liegt übrigens nicht nur daran, dass ich nicht immer ein Stativ mit mir herumtragen muss und dass die Belichtungszeit nicht verlängert ist, sondern ist auch die Tatsache, dass mir dadurch magische Türen der Fotografie geöffnet wurden: Ich kann fliegende Tiere und Paraglider ablichten, Makroaufnahmen, Panoramas und Nachzieherfotos oder sogar Filme in Infrarot machen.


Was ich besonders an der Infrarotfotografie liebe
Dass die Welt ganz anders und manchmal sehr düster und oft magisch aussieht.

Infrarotpanorama. Lacock, England, UK.

Den Wood-Effekt, auch wenn sich die Begeisterung mit der Zeit etwas abnutzt, da weiße Blätter nun einmal immer weiß sind. Bildkomposition, besondere Umgebungen etc. helfen aber sehr, die Bilder trotzdem spannend zu gestalten und sich begeistern zu lassen.

Wood-Effekt und führende Linie durch die dunkle Straße. Cotswolds, England, UK.
Birken und nachtschwarzer Himmel am helllichten Tag. Pfälzer Wald, Deutschland.

Wolkenformationen, die aussehen, als ob sie aus einer anderen Welt stammen.

Feldweg. Schriesheim, Deutschland.

Architektur! Dies ist mittlerweile mein liebstes Motiv in Infrarot, da die Struktur der Ziegel etc. wunderbar herauskommt.

Wood-Effekt plus Architektur. Berliner Dom.
Heiliggeistkirche, Heidelberg, Deutschland.
Marstallhof, Heidelberg, Deutschland.
Madrid, Spanien.
Roman Baths, Bath, England, UK.

Was in Infrarot nicht so gut oder eher schwierig ist
Menschen, denn die Augen werden schwarz, was zwar schön gruselig, aber nicht immer schön aussieht, und Venen treten sehr hervor.

Augen werden in der Infrarotfotografie schwarz, was sehr unheimlich aussehen kann. Die Haut wird porzellanartig, Venen schimmern durch. Foto von H. Turner.
Die Haare waren damals mittel- bis dunkelbraun, der Schal orange. Infrarotfotografie zeigt die Welt anders, als wir sie sehen. Foto von H. Turner.

Blumen, denn die sind einfach weiß, d.h. weiße Blätter, weiße Blüten, die Blume daneben genauso etc.


Was kann man lesen, wenn man mehr über Infrarotfotografie lesen will?
Es gibt nur sehr wenige Bücher zum Thema, aber diese beiden kann ich voll und ganz empfehlen:

1) Cyrill Harnischmacher: Digitale Infrarotfotografie. Vergriffen (antiquarisch erhältlich)
2) Klaus Mangold: Digitale Infrarotfotografie. mitp


Ich hoffe, ich konnte euch mit meinen kleinen Ausführungen und den Fotos ein bisschen mit meiner Faszination und meiner Begeisterung für die Infrarotfotografie anstecken. Wenn ihr Fragen und/oder Anmerkungen habt, schreibt mir gerne in den Kommentaren.

Dieser Post ist Teil des Fotografie-Specials, das in unregelmäßigen Abständen auf meinem Blog erscheint.

2 Gedanken zu „Fotografie-Special: Infrarotfotografie“

  1. Danke für den schönen Beitrag, ich habe in meiner Nikonsammlug eine D70 die ich bereits umgebaut für 120 Euro bei Ebay ersteigerte. Bin aber leider nur Sammler.

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