„Dass fast jeder Mensch glaubt, Depressionen zu kennen, hat Vor- und Nachteile: Das Einfühlen in einen depressiven Menschen scheint zunächst leichter als bei manchen anderen Erkrankungen, weil man eine Ahnung von einzelnen Symptomen des Betroffenen hat. Da viele Menschen aber das Gefühl der Niedergeschlagenheit, Antriebsstörung und Lustlosigkeit nur als kurzzeitigen und vorübergehenden Zustand kennen, meinen sie, dies müsse beim depressiv Kranken ebenso sein. Dieser Schluss ist falsch. Dass sich die depressive Erkrankung qualitativ deutlich vom „normalen Bedrücktsein“ unterscheidet und sich nicht durch ein bloßes „Zusammenreißen“ beheben lässt, wird von Laien oft nicht verstanden.“ (Seite 14)
Angela Mahnkopf, Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin, fasst in ihrem Buch knapp zusammen, was man über den Umgang mit Menschen mit einer depressiven Störung wissen sollte. Sie erzählt von den Unterschieden zwischen normalen Stimmungsschwankungen und einer Depression, von Symptomatik und Diagnostik, Epidemiologie, Etikettierung und Stigmatisierung, einer helfenden Grundhaltung, Depressionsspirale, Suizidalität, der Behandlung und dem Einbezug von Angehörigen.
Ich habe selbst fachliche Expertise im Bereich depressiver Störungen, kenne Depressionen aber auch aus dem persönlichen Umfeld, was nicht verwunderlich ist, wenn man sich vor Augen hält, wie häufig depressive Störungen in der Bevölkerung vorkommen. Aufgrund meines Hintergrundwissens waren mir viele Aspekte im Buch bereits geläufig, nichtsdestotrotz empfand ich Umgang mit depressiven Patienten als hilfreiches und lehrreiches Buch, und ich habe durch Mahnkopf neues Wissen erlangt.
Ich habe schon viele Bücher aus der Reihe „Basiswissen“ gelesen (Umgang mit wahnkranken Menschen, Geschichte der Psychiatrie, Umgang mit suizidgefährdeten Menschen‚ Cannabiskonsum und psychische Störungen, Motivierende Gesprächsführung in der Psychiatrie), und immer wieder begeistert mich das Konzept und die Umsetzung dieser Bücher, die trotz der Kürze sehr viele und sehr relevante Informationen zu psychiatrischen Themen vermitteln. Und auch hier ist das nicht anders: Mahnkopf gelingt auf 160 Seiten eine umfassende Darstellung eines professionellen Umgangs mit dem Krankheitsbild der Depression, und dabei ist das Buch zudem sehr strukturiert, übersichtlich und leicht verständlich.
Das Buch bietet einen wertschätzenden Blick auf Menschen mit Depression und ist eine gute Zusammenfassung für Professionelle, aber ebenso eine gelungene Einführung für Betroffene und Angehörige. Mir persönlich war der Fokus auf die medikamentöse Behandlung etwas zu stark, aber ansonsten habe ich keinerlei Grund für Kritik.
„Beispielsweise sind der Wille und die Fähigkeit, sich anzustrengen, um sich selbst aus dem Tief herauszuholen, in der Depression erheblich eingeschränkt und folgen nicht der „gesunden Logik“. Depressive können eben tatsächlich nicht und können auch nicht wollen.“ (Seite 150f)
Angela Mahnkopf: Basiswissen – Umgang mit depressiven Patienten. Psychiatrie Verlag, 2015, 160 Seiten; 18 Euro.