Das kleine Buch von der Seele. Ein Reiseführer durch unsere Psyche und ihre Erkrankungen von Achim Haug

„Ein wenig Hoffnung habe ich, dass das Buch dabei hilft, dass sich ein etwas weniger verkrampftes Bild der Psychiatrie einstellt.“ (Seite 17)

Achim Haug erzählt in seinem Sachbuch initial von der Seele im historischen Kontext und in der Hirnforschung. Danach widmet er sich der Frage danach, was Normalität ist und wann wir von einer Störung sprechen. Haug stellt das Vulnerabilitäts-Stress-(Coping-)Modell vor, erklärt, wie Diagnosen gestellt werden, was die häufigsten/wichtigsten psychischen Störungen sind, wie die Behandlung psychischer Störungen aussieht, wie die Erfolgsaussichten sind.

Ich habe vor ein paar Jahren ein anderes Buch von Haug gelesen, das sich intensiv mit Wahn befasst und das ich sehr gelungen fand. Deshalb war ich sehr neugierig auf Das kleine Buch von der Seele, das bereits 2017 als gebundene Ausgabe erschien und nun als Taschenbuch aktualisiert und neu aufgelegt wurde.

Das kleine Buch von der Seele liest sich unterhaltsam, vermittelt viel Wissen und liest sich zudem wirklich spritzig. Mir gefällt die Idee, das Fach Psychiatrie für die breite Allgemeinheit vorzustellen, dadurch Vorurteile abzubauen und Informationen über psychische Störungen und deren Behandlungsmöglichkeiten richtigzustellen.

Allerdings hat mich die Lektüre, die mir durchaus auch sehr gut gefallen hat, häufig frustriert, denn hier finden sich einige Fehler und Ungenauigkeiten, die ich als sehr störend empfunden habe, z.B. „Mendel‘sche Bohnen“ auf Seite 35, „High Expressed Emotions“ als generell hohe Emotionalität in der Familie (statt bestimmtes Klima von Überkritik und Überprotektion in der Familie) auf Seite 40, Trauma als Auslöser für Verbitterungsstörung (statt Verursachung durch KEIN Extremereignis) auf Seite 54, inkorrekte Beschreibung der massierten und graduierten Exposition auf den Seiten 153 und 154.

Sehr gut hat mir wiederum die Auseinandersetzung Haugs mit Psychotherapie gefallen, denn dass Psychotherapie keine Nebenwirkungen hat und eine durchweg angenehme Erfahrung sein muss, ist ein häufiges Vorurteil:

„Erstens kann und sollte Psychotherapie harte Arbeit sein. Es geht nicht um Tröstung und Schonung, es geht um die Auseinandersetzung mit unangenehmen Themen, mit eher unangenehmen Seiten von sich selbst und mit anstrengenden Aspekten der eigenen Lebenswirklichkeit. […] In der kompetent durchgeführten Psychotherapie muss man aber genau das – sich mit dem Unangenehmen auseinandersetzen.“ (Seite 174f)

Bestimmte Aspekte des Buches haben mir sehr gut gefallen, bei anderen hätte ich mir eine ausführlichere Recherche des Autors gewünscht, da Inhalte nicht ganz korrekt wiedergegeben wurden. Das finde ich v.a. für Laien schwierig, denn als Laie kann man schlecht unterscheiden, welche Inhalte korrekt und welche inkorrekt oder vage sind.

Achim Haug: Das kleine Buch von der Seele. Ein Reiseführer durch unsere Psyche und ihre Erkrankungen. C.H. Beck, 2024, 207 Seiten; 16 Euro.

Dazu hab ich auch was zu sagen!