„Während bei der Einführung der Maßregeln 1933 noch der Sicherungsgedanke im Vordergrund stand, geht es seit langem zuerst um die Besserung der zur Einweisung führenden Diagnose des psychisch kranken Straftäters. Deshalb sind Maßregeln nicht allein von der Schuld des psychisch kranken Straftäters abhängig und stellen keine Strafe dar, denn sie sollen in erster Linie der Behandlung des Patienten und erst dann der Sicherung der Allgemeinbevölkerung dienen.“ (Seite 95)
Manuela Dudeck befasst sich in dem schmalen Band, der zur Reihe „Horizonte der Psychiatrie und Psychotherapie – Karl Jaspers-Bibiothek“ gehört, mit philosophischen Themen wie Menschenbild und Moral, mit Determinismus und Willensfreiheit sowie mit Straftheorien, Schuldfähigkeit, psychischen Erkrankungen im Zusammenhang mit §63 und §64 StGB, historischer Entwicklung des Maßregelvollzugs, Reasoning and Rehabilitation Programm und Good Lives Model, Sexualität im Maßregelvollzug und sexuellem Missbrauch.
Ich interessiere mich schon lange für Forensische Psychiatrie, und vor mehr als 25 Jahren habe ich praktische Erfahrungen mit Menschen im Maßregelvollzug gemacht. Seitdem hatte ich mit dem Thema keine praktischen Berührungspunkte mehr, aber ich habe viel darüber gelesen und immer wieder überlegt, ob ich nicht in diesem Bereich arbeiten sollte.
Da ich mich schon etwas intensiver mit der Thematik beschäftigt habe, waren mir einige Aspekte des Buches wie Schuldfähigkeit, die Paragrafen 20 und 21 sowie 63 und 64 bereits geläufig, und da ich psychiatrisch tätig bin, sind mir natürlich auch die entsprechenden Krankheitsbilder bekannt.
Ich empfand das Buch anfangs als etwas zu ausufernd und zu philosophisch. Die Sprache war mir oft zu umständlich, und ich fand die Lektüre eher mühsam. Die Ausführungen waren in den ersten Kapiteln für meinen Geschmack zu theoretisch, doch als Themen wie Schuldfähigkeit, verschiedene psychische Erkrankungen sowie die geschichtliche Entwicklung der Maßregelbehandlung angeschnitten wurden, hat mir das Buch sehr gut gefallen. Sehr gelungen fand ich auch Themen wie Rehabilitationsmodelle, therapeutische Beziehung, Sexualität und Behandlungserfolge.
Alles in allem bietet das Buch einen guten Überblick zum Thema, wobei ich persönlich finde, dass der Einstieg praxisnaher sein sollte und (angesichts des Themas) mehr Potenzial für eine fesselnde Lektüre gehabt haben könnte.
Manuela Dudeck: Forensische Psychiatrie interdisziplinär. Horizonte der Psychiatrie und Psychotherapie – Karl Jaspers-Bibiothek. Kohlhammer, 2021, 143 Seiten; 36 Euro.
Ein Gedanke zu „Forensische Psychiatrie interdisziplinär von Manuela Dudeck“