Submarino von Jonas T. Bengtsson

Jonas T. Bengtsson erzählt die Geschichte zweier Brüder – Nick ist Alkoholiker, Ex-Knacki und Bodybuilder, sein Bruder alleinerziehender Vater des fünfjährigen Martin und Junkie.

Die Kindheit der Geschwister war geprägt von Heimaufenthalten, einer alkohol- und medikamentenabhängigen Mutter, zahlreichen Entbehrungen und dem frühen Tod eines weiteren Bruders. Nick und sein Bruder teilen ähnliche Kindheitserlebnisse, zeigen jedoch unterschiedliche Bewältigungsstrategien – der eine löst innere Spannungen mit Gewalt und Alkohol, der andere mit Heroin. Die Gemeinsamkeit ist, dass ihr Leben an sich wertlos erscheint, dass sie jedoch durch einen anderen Menschen einen Lebensmittelpunkt, einen Sinn finden. Für Nick ist das Ivan, der Bruder seiner Ex-Freundin, um den er sich kümmert, für seinen Bruder ist es sein Sohn Martin.

In kurzen und prägnanten Sätzen führt Bengtsson den Leser in seine Geschichte ein. Einen wirklichen roten Faden gibt es nicht, vielmehr erlebt man den Alltag der beiden Brüder. Die Sprache ist häufig brutal und erbarmungslos, beschönigt nichts und zeigt dem Leser somit glaubhaft und authentisch die Welt der Protagonisten.

„Submarino“ ist die Bezeichnung für eine Foltermethode. Und wie der Gefolterte beinahe erstickt, so kämpfen die Protagonisten täglich ums nackte Überleben, und so fehlt auch dem Leser oft die Luft zum Atmen angesichts der düsteren Kulisse und der menschlichen Tragödien.

Jeder braucht einen Fokus, einen Sinn, für den sich das (Über-) Leben lohnt. Submarino zeigt schonungslos, dass man auch (oder gerade) am Abgrund des Lebens eine Aufgabe benötigt, die einem Tag für Tag eine Richtung vorgibt.

Submarino ist ein niederschmetternder Abriss des Alltags sozial benachteiligter Existenzen, nimmt einem den Atem, schockiert, entsetzt, macht betroffen und zeigt, dass delinquentes Verhalten eine oftmals nachvollziehbare Ursache hat, dass eine Bewertung in gut – böse, schwarz – weiß und moralisch – unmoralisch zu simpel und nicht ausreichend ist, um der Komplexität des Lebens gerecht zu werden.

Jonas T. Bengtsson: Submarino. Aus dem Dänischen von Günther Frauenlob. Tropen-Verlag, 2009, 383 Seiten; vergriffen (antiquarisch erhältlich).

Dieser Post ist Teil des Sucht-Monatsthemas im März 2021.

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