„Unglaubliches hat nun Europa in seinem Wahn begonnen.“ (Albert Einstein)
Im Sommer 1913 steht Albert Einstein, der bislang in Zürich wirkte, vor einer wichtigen Entscheidung, die sein Leben dramatisch beeinflussen wird: Max Planck und Walther Nernst bieten ihm eine hochdotierte Stelle an der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin an. Hier hat er die Möglichkeit, sich ganz der Weiterentwicklung seiner Relativitätstheorie zu widmen und sich zudem in der Nähe seiner Cousine Elsa aufzuhalten, mit der er eine Affäre hat.
Kurz nach dem Umzug nach Berlin scheitert Einsteins Ehe mit Mileva, die mit den beiden Kindern Berlin verlässt. Zeitgleich beginnt der Erste Weltkrieg, und der Pazifist Einstein muss mit Erschrecken zusehen, wie die Deutschen mit großer Begeisterung in den Krieg ziehen und wie seine Kollegen Walther Nernst und Fritz Haber intensiv an chemischen Waffen arbeiten, die schließlich an der Front zum Einsatz kommen, wobei im Verlauf des Gaskriegs etwa 100000 Soldaten ums Leben kamen und mehr als eine Million verwundet wurden. Einstein beschäftigt sich währenddessen unablässig mit seiner allgemeinen Relativitätstheorie und sagt unmittelbar nach ihrer Vollendung die Existenz von Gravitationswellen voraus.
Allein gegen die Schwerkraft ist ein wunderbares Wissenschaftsbuch, das einerseits Einstein als Person näher vorstellt, andererseits seine Arbeiten an der speziellen und der allgemeinen Relativitätstheorie detailliert erläutert. Auch die Ereignisse vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges werden ausführlich thematisiert, wobei Thomas de Padova die Stimmung in Europa perfekt einfängt und einen gelungenen Eindruck des Pulverfasses vermittelt, das Europa zu Beginn des 20. Jahrhunderts war und das so sehr an die gegenwärtige weltpolitische Lage erinnert.
Im weiteren Verlauf des Buches bietet de Padova Einblicke in die Arbeit Nernsts und Habers, die intensiv an der Entwicklung von Kampfgasen arbeiten und im Laufe ihrer Karriere und mit zunehmendem ‚Erfolg‘ des Gaskriegs immer mehr ihr Gewissen und ihre Menschlichkeit verlieren.
Das Buch vermittelt somit viel Wissen zu unterschiedlichen Themenbereichen – Geschichte Deutschlands und Europas, Kulturgeschichte Berlins, Biografie Einsteins, Physik, Chemie – und schafft dies auf unterhaltsame Weise, so dass man das Buch mit großer Begeisterung und Faszination und ohne jede Mühe und Langatmigkeit lesen kann.
Sehr gut gefallen haben mir auch die vielen anschaulichen Gedankenexperimente und Beispiele, die die Relativitätstheorie verständlich machen und sehr lehrreich sind.
Von de Padova liegen mit Das Weltgeheimnis und Leibniz, Newton und die Erfindung der Zeit noch zwei weitere Sachbücher vor, die gleich nach der Lektüre von Allein gegen die Schwerkraft auf meine Wunschliste gewandert sind.
Thomas de Padova: Allein gegen die Schwerkraft. Einstein 1914-1918. Piper, 2017, 310 Seiten; 11 Euro.