„Niemand entkam seiner Vergangenheit.“ (Track 64)
Berlin, 1929: Hulda Gold ist alleinerziehende Mutter der mittlerweile dreijährigen Meta und arbeitet in einer Mütterberatungsstelle in Schöneberg.
Hulda ist unzufrieden mit ihrer beruflichen und mit ihrer privaten Situation, und dann passieren einige Dinge, die sie zusätzlich belasten bzw. die sie mächtig durcheinander bringen:
Ihr Ex Karl, für den sie immer noch Gefühle hegt, heiratet. Hulda lernt einen neuen Mann kennen, der ihr gefällt, der aber verheiratet ist. In Huldas Heimatkiez kommt es zu einer Einbruchsserie. Und der Antisemitismus im Land nimmt immer weiter zu, die SA erstarkt.
Ich liebe die Reihe um Hulda Gold, und ich bin jedes Mal begeistert davon, wie die Autorin mich mit ins Berlin vor 100 Jahren nehmen kann, wie ich mit Hulda Orte besuche, die ich selbst kenne, und wie ich mir unbekannte Orte durch Anne Stern erkunde.
Ich empfinde die Fräulein Gold-Hörbücher als echte Wohlfühlhörbücher, und das ist beim 6. Band der Reihe nicht anders. Allerdings wird die Stimmung in Berlin, die von Stern nie naiv oder rosig geschildert wurde, immer düsterer, und als Leser/Hörer ist man hautnah dabei, wenn sich die politische Situation immer mehr aufheizt.
Hier findet man viel Unterhaltung und gleichzeitig ernste Themen, interessante Charaktere, viele Einblicke ins jüdische Leben in Berlin zwischen den Weltkriegen sowie die gespenstische Stimmung im Zusammenhang mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten.
Das Hörbuch wird ansprechend und kongenial von Anna Thalbach gelesen. Hier ist alles perfekt und einfach wunderbar.
Anne Stern: Fräulein Gold. Die Lichter der Stadt. Die Hebamme von Berlin 6. Gelesen von Anna Thalbach. Argon Verlag, 2023; 20 Euro.