Im Rausch der Stille von Albert Sánchez Piñol

Ein neuer Wetterbeobachter trifft auf einer kleinen Insel am Ende des Welt ein. Für 12 Monate soll er die Intensität, die Richtung und die Häufigkeit der Winde untersuchen und aufzeichnen. Der alte Wetterbeobachter ist unauffindbar und auch der sonderbare Leuchtturmwärter Batís Caffó ist keine Hilfe und verweigert seine Aussage.

Bereits in der ersten Nacht greifen unheimliche Wesen aus dem Meer die Hütte am Südende der Insel an. Der Ich-Erzähler erlebt daraufhin mehrere Nächte der Todesangst, der Verzweiflung und der Schlaflosigkeit, bis er sich zum Leuchtturm begibt und fortan im Bündnis mit Caffó gegen die geheimnisvollen Frosch-Wesen kämpft.

Albert Sánchez Piñol hat einen Abenteuerroman geschrieben, der an die Kolonialzeit erinnert: Ein Mann aus Europa landet in der Fremde und trifft auf eine unbekannte Spezies, der er jede positive Gefühlsregung und jede Intelligenz abspricht, da er sie nicht versteht und sich auch nicht die Mühe machen möchte, die Handlungen und Beweggründe der seltsamen Frosch-Wesen zu begreifen. Er befindet sich in der „Hölle der Versager“, und so ist seine Sprache die Gewalt und die völlige Unterwerfung der Fremden, deren Land er besetzt und deren Rückzug er fordert.

Die Szenerie ist von Anfang an gespenstisch und lässt den Leser Unheil und Grauen erwarten. Sprachlich bewegt sich der katalanische Autor auf hohem Niveau und gibt seiner Geschichte die richtigen Worte und die passenden Beschreibungen, um den Leser auf die Insel zu versetzen und ihn schließlich verstört und entsetzt zurück zu lassen.

Bei Im Rausch der Stille handelt es sich meiner Meinung nach um eines jener Bücher, die bei mehrmaligem Lesen/Hören immer besser werden. Ich habe das Buch bereits zwei Mal gelesen und später zudem das Hörbuch gehört – und ich war jedes Mal aufs Neue begeistert.

Dem Hörbuch lässt sich aufgrund des ruhigen Tonfalls und der passenden Lesegeschwindigkeit von Bernd Michael Lade sowie der bildhaften Sprache Sánchez Piñols und der packenden Geschichte sehr gut folgen, was es dem Hörer ermöglicht, völlig in den Roman einzutauchen und sich im Geiste mit den Frosch-Wesen auf der Insel zu befinden.

Sánchez Piñol erzählt in Im Rausch der Stille die Geschichte einer Transformation und des ewigen Kreislaufs der Dinge. Ein spannendes Hörbuch und ein Buch, über das man noch lange nachdenken möchte und muss.

Albert Sánchez Piñol: Im Rausch der Stille. Übersetzt von Angelika Maass. Fischer Taschenbuch, 2008, 252 Seiten; 9 Euro.

Albert Sánchez Piñol: Im Rausch der Stille. Übersetzt von Angelika Maass. Gelesen von Bernd Michael Lade. Argon Verlag, 2005; vergriffen.

Dieser Post ist Teil des Meer-Themas im Mai 2018.

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