„Das war der einzige Moment, in dem sie wieder Kinder sein konnten.“ (Seite 90)
Neufundland, um 1800: Nach dem Tod ihrer Eltern schlagen sich der elfjährige Evered und seine neunjährige Schwester Ada allein durch. Sie sind ganz auf sich gestellt, wissen und kennen nur das, was sie von ihren Eltern gelernt haben.
Zweimal im Jahr trifft die Hope ein, ein Schiff, mit dessen Besatzung bereits der Vater der Geschwister Handel getrieben hat. Nun fischen Evered und Ada nahezu ohne Unterlass, trocknen das Fanggut und tauschen es gegen andere Güter ein.
So vergehen die Jahre, und Evered und Ada werden erwachsen und führen das harte Leben der Eltern so gut es geht weiter.
Michael Crummey beschreibt in seinem Roman Die Unschuldigen ein beschwerliches und entbehrungsreiches Leben, das selbst für Erwachsene hart zu bewältigen scheint, das die beiden Geschwister jedoch ohne viel Erfahrung und ohne jede Unterstützung meistern.
Diese Schilderungen gehen dem Leser sehr nahe, und die stimmungsvollen, recht düsteren Beschreibungen Crummeys sorgen dafür, dass man sich dieses Leben nicht nur ausgesprochen gut vorstellen kann, sondern dass man auch mit Evered und Ada mitfiebert, mit ihnen mitfühlt und mitleidet.
Crummey schreibt sehr detailreich, ermöglicht so ein Eintauchen in die Lebenswelt der Geschwister. Ich habe dennoch etwas Zeit gebraucht, um mich in den Roman einzulesen, obwohl Die Unschuldigen von Anfang an packend erzählt wird.
Michael Crummey: Die Unschuldigen. Aus dem kanadischen Englisch von Ute Leibmann. Eichborn Verlag, 2020, 352 Seiten; 22 Euro.