Der Schnee, das Feuer, die Schuld und der Tod von Gerhard Jäger (Hörbuch)

„[…] und in diesem Augenblick hörte ich es: ein dumpfes Grollen, das mich zuerst an einen entfernten Donner denken ließ, aber mich im nächsten Moment traf wie eine Faust.“ (CD 1, Track 6)

Der 80-jährige John Miller macht sich auf zu einer letzten großen Reise: Er kehrt zurück in seine Heimat und sichtet im Innsbrucker Landesarchiv die Akten über den Fall eines gewissen Max Schreiber, der im Herbst 1950 in ein kleines Tiroler Bergdorf gekommen und im Jahr darauf spurlos verschwunden ist.

Der 25-jährige Historiker Schreiber hatte Wien verlassen, um im Tiroler Bergdorf über eine gewisse Katharina Schwarzmann zu recherchieren, die 100 Jahre zuvor als Hexe bekannt war und in ihrem Haus verbrannt ist, ohne dass ihr jemand zu Hilfe kam. Schreibers Interesse am Fall Schwarzmann stößt auf wenig Begeisterung im Dorf, und als er sich schließlich in die stumme Maria verliebt, wird die Stimmung gegen ihn immer feindseliger.

Dann bricht der Winter herein – ein Winter, der als „Lawinenwinter 1951“ in die Geschichte eingegangen ist, in dem es im Alpenraum zu starken Schneefällen und zu massiven Lawinen gekommen ist.

Auch im Tiroler Bergdorf gibt es zahlreiche Todesfälle, und Schreibers Situation spitzt sich immer weiter zu.

Monatelang bin ich um Der Schnee, das Feuer, die Schuld und der Tod herumgeschlichen, und obwohl es von vielen Rezensenten sehr wohlwollend besprochen wurde, war ich mir nie ganz sicher, ob es das richtige Buch für mich ist. Nun habe ich das (leider gekürzte) Hörbuch gehört und bin so begeistert von diesem Debütroman, dass ich jetzt gerne noch das Buch lesen und den zweiten Roman Gerhard Jägers entdecken möchte.

Jägers Sprache ist ebenso schnörkellos wie anspruchsvoll. Vor allem den Einstieg in die Geschichte empfand ich sprachlich beinahe als kindlich und durch die Wiederholungen bestimmter Phrasen und die kurzen, stakkatoartigen Sätze sehr eindringlich.

Jägers Roman ist raffiniert erzählt. Jäger verbindet dabei zwei Erzähl- und Zeitebenen miteinander, hegt immer wieder falsche Erwartungen und weiß zu überraschen. Dabei ist der gesamte Roman stimmungsvoll und von der ersten bis zur letzten Minute fesselnd.

Die Sprecher Peter Matić und Manuel Rubey sind meiner Meinung nach die Idealbesetzung für den Roman, geben der Geschichte zusätzlich Tiefe und versetzen einen beim Hören vor Ort.

Leider ist Jäger im November 2018 überraschend verstorben, so dass wir keine weiteren Werke dieses so talentierten Autors erwarten dürfen.

„Geschichten treiben die Menschen an. Entweder sie suchen Geschichten, oder sie rennen weg vor Geschichten.“ (CD 4, Track 9)

Gerhard Jäger: Der Schnee, das Feuer, die Schuld und der Tod. Gekürzte Lesung von Peter Matić und Manuel Rubey. Random House Audio, 2016; 19,99 Euro.

Dieser Post ist Teil meines Österreich-Monatsthemas im September 2019.

Dazu hab ich auch was zu sagen!