Der goldene Handschuh von Heinz Strunk

„In meinem ganzen Leben war ich nie auch nur eine Sekunde ungetrübt froh oder glücklich!“ (Seite 5, Zitat von Jürgen Bartsch)

Fritz Honka, genannt Fiete, gabelt in der Hamburger Kneipe „Zum Goldenen Handschuh“ Frauen auf, die die beste Zeit ihres Lebens schon hinter sich haben.

So nimmt Honka die 48-jährige Gerda, die gut und gerne auch 70 sein könnte, mit in seine dreckige, zugemüllte, heruntergewirtschaftete Wohnung, wo er verzweifelt versucht, den beißenden Gestank mit Duftbäumen und Raumspray zu übertünchen.

Er nutzt Gerda für sexuelle Dienste, nimmt ihr den Ausweis ab, versklavt sie und versucht, an ihre 30-jährige Tochter heranzukommen.

Auf Gerda folgen weitere Frauen, und Honka versucht zwar, ein normaleres Leben ohne Alkohol und mit einem geregelten Job zu leben, aber das Schicksal meint es nicht gut mit ihm. Er stürzt immer weiter ab und reißt dabei mehr und mehr Frauen mit in den Abgrund.

Ich habe schon sehr lange ein Faible für Forensische Psychiatrie und ein großes Interesse an der Psychopathologie und Psychologie von Sexualdelinquenz. Über Honka hatte ich bisher noch nichts gelesen, und ich kenne auch den Film von Fatih Akin noch nicht.

Strunk nimmt den Leser mit nach St. Pauli, in die Kneipe „Zum goldenen Handschuh“, wo sich Alkoholiker, Zuhälter und Prostituierte treffen, in Honkas Wohnung, wo es vergammelt riecht und unsagbar dreckig ist, in eine Welt, die einem buchstäblich den Atem nimmt und einen mit Schrecken erfüllt.

Strunk beschwört ein düsteres Szenario herauf, das bisweilen schwer zu ertragen ist, aber durchweg authentisch wirkt. Beim Lesen spürt man die Verzweiflung der Figuren, versteht ihre Beweggründe, kann Sehnsüchte und Wünsche nachvollziehen – und man ist hautnah beim Scheitern der Figuren dabei. Die Orte und die Personen erscheinen dabei vor dem geistigen Auge des Lesers. Schön ist das nicht: Man riecht, schmeckt, sieht, hört und spürt das Elend, die Abgründe, den Dreck, den Horror.

Das Buch ist bedrückend, teilweise kaum aushaltbar, aber auch sehr atmosphärisch und fesselnd. Strunk erzählt von geplatzten Träumen und macht die Entwicklung Honkas deutlich, lässt den Leser verstehen, wie Honka zum Mörder wurde. So sonderbar es ob des extrem düsteren Themas klingt: ein Lieblingsbuch 2023!

Heinz Strunk: Der goldene Handschuh. Rowohlt Taschenbuch, 2017, 256 Seiten; 12 Euro.

Dazu hab ich auch was zu sagen!