„Zögern Sie nicht, Minen zu legen, aber lösen Sie keine Explosion aus ohne meinen ausdrücklichen Befehl.“ (Seite 48)
Oktober 1761: Commissaire Nicolas Le Floch ist aus dienstlichen Gründen in der Pariser Oper: Der Polizeipräfekt Monsieur de Sartine hat ihn beauftragt, den Saal zu überwachen, da Madame Adélaïde, die Tochter des Königs Louis XV, mit ihrem Gefolge anwesend ist und die Königsfamilie nach einem Attentat auf Louis XV in Angst lebt.
Am Ende des zweiten Aktes wird es in der Königsloge unruhig, und bald stellt sich heraus, dass der Comte und die Comtesse de Ruissec, die beide in der Oper anwesend sind, eine sehr aufwühlende Nachricht erhalten haben: Ihr ältester Sohn Vicomte Lionel war am Abend nach Hause gekommen, sofort in sein Zimmer gegangen und hatte sich darin eingeschlossen. Kurz darauf hatten die Diener einen Schuss gehört.
Vieles deutet auf einen Suizid hin, und einer der Diener erzählt, dass der Vicomte schon seit 20 Tagen Suizidgedanken geäußert hätte. Doch es gibt auch Auffälligkeiten, die für Le Floch nicht ins Bild passen, und sein Gefühl sagt ihm, dass sie es hier mit einem Mord zu tun haben.
De Sartine glaubt nicht an einen Mord und will sich aus der gesamten Angelegenheit – aufgrund der Nähe zum Königshaus und einem damit zusammenhängenden Interessenkonflikt – so weit wie möglich heraushalten, so dass er Le Floch den Fall überträgt und ihm freie Hand gewährt, um den Fall zu lösen.
Ich kenne Paris gut, liebe die Stadt sehr und interessiere mich schon seit Kindheitstagen für das vorrevolutionäre Frankreich des Absolutismus, und so hat mich schon Commissaire Le Floch und das Geheimnis der Weißmäntel, der erste Band der Reihe, vollauf begeistern können.
Auch Commissaire Le Floch und der Brunnen der Toten ist von Anfang bis Ende gelungen, versetzt den Leser glaubhaft ins 18. Jahrhundert und nach Paris, vermittelt Wissen zum Alltag der Armen und der Reichen unter Louis XV und unterhält auf perfekte Weise.
Jean-François Parot, Historiker und Experte für das 18. Jahrhundert, entführt den Leser in das Paris der gepuderten Perücken und der schier unerträglichen Gerüche, der Peinlichen Befragungen und der zahllosen Toten in der Seine, der Oper und der Commedia dell‘arte, der bitteren Armut und des Elends, des unermesslichen Reichtums und der absolutistischen Herrscher, der Jagd und der Bordelle.
Auch der Kriminalfall ist spannend, klug konstruiert und glaubwürdig, doch auch mit einem weniger ausgefeilten Fall wäre das Buch meiner Meinung nach ein Pageturner und eine besondere Buchempfehlung, denn Parot ist einfach ein Meister der stimmungsvollen Beschreibungen und nimmt den Leser mit durch die stinkenden, elenden Straßen Paris‘ und an den Versailler Königshof.
Ich freue mich schon auf den dritten Band der Reihe und hoffe zudem, dass es neben den Büchern auch bald Hörbücher zu den Romanen geben wird.
Jean-François Parot: Commissaire Le Floch und der Brunnen der Toten. Aus dem Französischen von Michael von Killisch-Horn. Blessing, 2018, 415 Seiten; 17 Euro.