Bei einem Autounfall treffen zwei Welten aufeinander: Beim Fahrer handelt es sich um Delaney Mossbacher, einen reichen Kalifornier, der (wie viele seiner reichen Nachbarn) von der Angst vor Übergriffen durch Coyoten und Mexikaner getrieben wird und sich ansonsten mit Luxussorgen beschäftigt. Der Angefahrene ist der illegale Einwanderer Cándido, der mit seiner schwangeren Frau América aus Mexiko geflohen ist, um in den Vereinigten Staaten ein neues und besseres Leben zu beginnen. In den darauf folgenden Minuten und Stunden entwirft T. C. Boyle ein gnadenloses Bild einer amerikanischen Metropole und der unsäglichen Kluft zwischen Arm und Reich.
Ich habe América bereits vor einigen Jahren mit großer Begeisterung gelesen und später die gekürzte und von Boris Aljinovic sehr gut und überzeugend gelesene Version angehört.
Sowohl das Buch als auch das Hörbuch sind bewegend, fesselnd und verstörend. Dem Autor gelingt es hervorragend, das Gefühl von Angst und Bedrohung der amerikanischen Protagonisten sowie Cándidos und Américas Kampf ums nackte Überleben, die ständig aufkeimende Hoffnung auf Besserung der Lebensbedingungen und die immer wiederkehrenden Niederlagen und Verluste glaubwürdig, realistisch und schockierend darzustellen.
América ist alles in allem keine entspannende Lektüre, sondern ein wenig positives, doch sehr authentisches und bewegendes (Hör-) Buch über Hoffen, Scheitern und soziale Ungerechtigkeit.
T.C. Boyle: América. Übersetzt von Werner Richter. Gelesen von Boris Aljinovic. der Hörverlag, 2007; 17,95 Euro.
Dieser Post ist Teil meines Mexiko-Monatsthemas im Juli 2021.