Und doch ist es Heimat von Jochen Metzger

„Die Feinde sind da. Mitten in Sandheim.“

Sandheim, ein badisches Dorf zwischen Bruchsal und Karlsruhe, ist vom Zweiten Weltkrieg weitestgehend verschont geblieben, doch kurz vor Ende des Krieges fallen auch hier Bomben. Die Dorfbewohner warten auf den Einzug der Amerikaner, doch auch die französische Armee rückt immer näher.

Durch die Marokkaner, die für die französische Armee kämpfen, erleben die Dorfbewohner an Ostern 1945 ihr persönliches Schreckensszenario: Die marokkanischen Kämpfer vergewaltigen reihenweise Frauen und Mädchen im Dorf.

In Und doch ist es Heimat erzählt Jochen Metzger die fast vergessene Geschichte seines Heimatdorfes und berichtet von Wut und Hass, Angst und Verzweiflung, Kriegsverbrechen und Gewalt. Mich hat seine Geschichte von Anfang an begeistert und beeindruckt, und diese Gefühle haben mich über 360 Seiten hinweg begleitet.

Ich habe mich schon intensiv mit dem Zweiten Weltkrieg auseinandergesetzt, auch mit dem Thema der Massenvergewaltigungen durch die Rote Armee, aber der Roman von Metzger bietet dennoch neue Einblicke in das Dritte Reich, den Krieg, das Vorrücken der Alliierten und die Befreiung Deutschlands.

Die Lektüre ist aufgrund der brutalen Geschehnisse und der detaillierten Beschreibungen des Autors sicherlich nicht immer einfach, aber beim Lesen hatte ich nie das Gefühl, dass seine genauen Erklärungen und Schilderungen fehl am Platze, übertrieben oder reißerisch sind. Im Gegenteil: Metzger schafft es mit seinem Roman, den Leser an den Ereignissen im Frühjahr 1945 teilhaben zu lassen – das ist nicht immer schön, aber es ist stets eindringlich, fesselnd und respektvoll erzählt und wird komplex beleuchtet.

Die Schilderungen der Gefühle und Gedanken der Protagonisten, die realistischen Beschreibungen der fallenden Bomben sowie die Erwähnung der Gewalt, die den Frauen angetan wird, sind so lebendig, dass man das Dorf, die Menschen und die Ereignisse fast vor sich sieht, was die Lektüre geradezu unheimlich macht.

Und doch ist es Heimat ist ein bemerkenswertes und beeindruckendes Buch und war eines meiner Lieblingsbücher 2016.

Jochen Metzger: Und doch ist es Heimat. Rowohlt Taschenbuch, 2017, 368 Seiten; 10,99 Euro.

Dieser Post ist Teil meines Monatsthemas „Sex und Gewalt“ im Dezember 2020.

Dazu hab ich auch was zu sagen!