Die Gedanken sind Blei. Wie meine Depression die Dinge sieht von Eva Jahnen

„Ich hab mich riesig geschämt dafür, dass ich einfach so schwer depressiv und nicht mehr in der Lage war, mein Leben in den Griff zu bekommen. Ich hatte ja nichts Offensichtliches geleistet, mir nichts fühlbar gebrochen oder irgendetwas in der Hand, womit ich meine Krankheit hätte erklären können.“

Eva Jahnen erzählt in ihrem Buch von ihren Erfahrungen mit mehreren depressiven Episoden, berichtet von Symptomen und Symptombewältigung, Scham und Selbstvertrauen, Konzentrationsstörung und Leere, Alkohol und Suizidgedanken, Grübeln und Warten, Stigma und Selbststigma, Dreiecksmodell und Achtsamkeit, Frühwarnzeichen und Bedürfnissen.

Am Ende des Buches finden sich zudem Informationen zu diagnostischen Kriterien nach ICD-10, zu Ursachen von depressiven Störungen und zu Hilfsmöglichkeiten.

Ich habe mehrere Jahre psychotherapeutisch mit Betroffenen mit Depression gearbeitet, aktuell habe ich mehr mit Minussymptomatik im Rahmen von psychotischen Störungen zu tun, was aber einige Parallelen zur psychotherapeutischen Arbeit mit Depression aufweist. Das Buch wäre wahrscheinlich an mir vorbeigezogen, wenn es mir nicht von einem Freund empfohlen worden wäre, und darüber bin ich sehr froh, denn Die Gedanken sind Blei ist definitiv ein Buch, das ich Betroffenen ans Herz legen werde.

Das Buch ist nicht nur wunderschön gestaltet, sondern auch inhaltlich ein echter Schatz. Jahnen vermittelt viele Informationen über Depressionen aus eigener Hand und aufgrund von persönlichen Erfahrungen, so dass das Buch für Betroffene (aber auch für Angehörige, interessierte Laien und Professionelle) einen echten Mehrwert hat.

Ich fand viele ihrer Schilderungen sehr pointiert, sie trifft ins Schwarze und trägt dadurch zu Entstigmatisierung und Normalisierung bei, was ich extrem wichtig finde. Sie zeigt durchweg, dass man, wenn man depressiv ist, kein Wesen vom anderen Stern ist, sondern dass vieles, was man in der Depression denkt, fühlt, erlebt auch von anderen Betroffenen geteilt wird.

Gelungen finde ich auch die Offenheit der Autorin, sie erzählt freimütig von Symptomen und von ihrer Behandlung, zeigt anderen Betroffenen so auch, dass es eine (gute!) Behandlungsmöglichkeit gibt, dass es sich lohnt, am Ball zu bleiben (auch wenn dies in der Depression extrem schwer fällt).

Eva Jahnen: Die Gedanken sind Blei. Wie meine Depression die Dinge sieht. Groh, 2021, 128 Seiten; 12 Euro.

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