Der Kadaverräumer von Zoltán Danyi

„Wir haben es getan, weil wir es konnten, und wenn es so geschah, dann musste es auch so geschehen, und wenn es so geschehen musste, dann kann keiner von uns etwas dafür, dass wir es getan haben.“ (Seite 73)

Ein Mann verlässt seine serbische Heimat und kommt nach Berlin. Von hier aus will er weiter in die USA, doch letztendlich führt ihn sein Weg wieder zurück nach Serbien.

Er erzählt vom Leben in Serbien, vom Krieg und dem Kriegstrauma, das ihn seit Jahren verfolgt, von seiner Arbeit als Benzinschmuggler und als Kadaverräumer.

Der Hauptprotagonist in Zoltán Danyis Debütroman Der Kadaverräumer ist rastlos und verwirrt. Und ebenso rastlos, getrieben, unruhig und bisweilen konfus liest sich das Buch, in dem der Leser von Ort zu Ort und von Zeit zu Zeit reist, den Hauptprotagonisten dabei begleitet, seine Vergangenheit und Gegenwart kennenlernt, seine Rastlosigkeit durch die Endlossätze hautnah spürt und seine Verwirrtheit durch das oftmals zerfahrene Denken des Protagonisten miterlebt.

Bisweilen besteht ein gesamtes Kapitel aus nur einem Satz, so dass es vorkommt, dass sich dieser über acht Seiten hinwegzieht. Nichtsdestotrotz ist das Buch sprachlich zwar anspruchsvoll, aber in dieser Hinsicht nicht kompliziert zu lesen, weil es sich lediglich um eine Aneinanderreihung von Sätzen handelt, nicht aber um extrem verschachtelte Bandwurmsätze, bei denen sich der letzte Nebensatz auf einen Teilsatz drei Seiten zuvor bezieht.

Die Sprache ist oft explizit und derb, was perfekt zum Inhalt des Romans passt, in dem von Tod, Gewalt, Vergewaltigungen und wahllosem Morden erzählt wird.

Der Kadaverräumer ist inhaltlich keine einfache Lektüre, doch ein Buch, das einzigartige Einblicke in die Kriege am Balkan bietet, wo aus Nachbarn Feinde wurden und wo ein meist friedliches Zusammenleben in Kriegsgräueln unvorstellbaren Ausmaßes endete. Der Roman zeigt zudem das Kriegsgeschehen an sich, vor allem die extreme Gewalt, der Frauen ausgesetzt waren, und die Folgen der in Krieg erlebten Traumata.

Danyi, ein Angehöriger der ungarischen Minderheit in Serbien, lebt als Rosenzüchter in Senta in der serbischen Provinz Vojvodina.

Zoltán Danyi: Der Kadaverräumer. Aus dem Ungarischen von Terézia Mora. Suhrkamp, 2018, 251 Seiten; 24 Euro.

Dieser Post ist Teil des Ungarn-Monatsthemas im Juni und Juli 2020.

Dazu hab ich auch was zu sagen!