Das Schweigen des Sammlers von Jaume Cabré

„Dass so viel Schmerz in einen drei Finger dicken Stapel Buchseiten passen soll, ist doch der reinste Hohn!“

Adrià Ardèvol i Bosch erlebt eine Kindheit voller Kontrolle, Zwang und Gehorsam, ohne elterliche Liebe und Zuneigung. Sein Vater hat große Ziele – Adrià soll mindestens 10 Sprachen sprechen und später Jura und Geschichte studieren. Seine Mutter wünscht sich, dass aus ihrem Sohn ein Geigenvirtuose wird. Eines Tages vertauscht Adrià die vom Vater geliebte, wertvolle Geige aus dem 18. Jahrhundert, mit der eigenen Geige, um seinem Freund Bernat die berühmte Storioni zu zeigen. Doch dann verlässt der Vater mit der falschen Geige das Haus und wird kurz darauf getötet.

Jahre später versucht Adrià, das Geheimnis um den Tod des Vaters zu lüften sowie der Herkunft und der tragischen Geschichte der Storioni auf die Spur zu kommen.

Wie in seinen anderen Romanen wechselt Jaume Cabré ständig und unvermittelt den Ort, die Zeit sowie die handelnde Person, so das man sich beim Lesen anfangs etwas hilflos und ausgeliefert fühlt. Einfach macht es einem der Autor somit nicht, aber ihm gelingt dadurch eine perfekte Verwebung von Vergangenheit und Gegenwart. So zeigt er beispielsweise Parallelen zwischen der Inquisition und der Shoa, die ständige Wiederholung von Hass, Rache, Gier und Ungerechtigkeit in der Geschichte der Menschheit.

Das Schweigen des Sammlers ist für mich eines jener Bücher, die ich direkt nach dem Auslesen von Neuem lesen möchte, da die Geschichte trotz der 850 Seiten stets spannend ist und man die gesamte Komplexität des Romans bei einmaligem Lesen meiner Meinung nach gar nicht erfassen kann. Hier ist kein Wort zu viel, keiner der unzähligen Protagonisten entbehrlich, keiner der bisweilen verwirrenden Sätze anders möglich. Hier stimmt von der Struktur über den Spannungsbogen und die Übersetzung bis ins kleinste Detail einfach alles.

Dieser Roman hat mich sehr beeindruckt und war mein Lieblingsbuch des Jahres 2011.

Jaume Cabré: Das Schweigen des Sammlers. Aus dem Katalanischen von Kirsten Brandt und Petra Zickmann. Insel Verlag, 2013, 853 Seiten; 12 Euro.

Dieser Post ist Teil des Spanien-Monatsthemas im Mai 2019.

Dazu hab ich auch was zu sagen!