„Wichtig ist, dass auch lang andauernde Symptome einer therapeutischen Intervention zugänglich bleiben, sodass ein therapeutischer Nihilismus in keinem Erkrankungsstadium der Schizophrenie angebracht ist.“ (Seite 86)
Im Praxishandbuch Schizophrenie gelingt den Autoren ein echter Rundumschlag: von Ätiologie, Symptomatik, Komorbidität, (Differenzial-) Diagnose, Verlauf und Prognose, Besonderheiten bei Kindern, Jugendlichen und Betagten über Notfallbehandlung, somatische Therapieverfahren, Psychotherapie, Neurostimulation, Behandlungsresistenz, Behandlung in der Schwangerschaft und Stillzeit bis zu Rehabilitation, innovativen Versorgungsangeboten wie StäB, psychiatrischer Begutachten und stationärer Psychoseversorgung.
Ich beschäftige mich schon sehr lange mit Schizophrenien: pflegerisch in meiner Krankenpflegeausbildung, wissenschaftlich in meiner Dissertation und meiner Postdoc-Zeit, in universitärer Lehre, im Privatleben und bald auch psychotherapeutisch. Ich habe über die letzten 2 1/2 Jahrzehnte somit viel theoretisches und praktisches Wissen angesammelt, und das Praxishandbuch Schizophrenie hat mir einerseits eine perfekte Wiederholung bekannter Inhalte geboten, andererseits viel neues Wissen vermittelt.
Beim Einstieg ins Buch hatte ich die Befürchtung, dass auch dieses Buch in die allzu dominante Kerbe von biologischen Faktoren der Schizophrenie schlägt. Zwar betonen die Herausgeber von Anfang an die multifaktorielle Genese der Schizophrenie, gelesen hat sich das Buch auf den ersten Seiten aber recht antipsychotika-affin, außerdem wurde eine eher düstere Prognose der Schizophrenie gezeichnet. Zudem hat mir zu Beginn eine differenziertere Auseinandersetzung mit Themen wie Hirnveränderungen durch Antipsychotika und Neurotransmitterhypothesen gefehlt.
Bald hatte ich jedoch einen sehr positiven Eindruck: Das Buch ist sehr übersichtlich gegliedert, hervorragend zusammengefasst, gut lesbar und behandelt wirklich eine Vielfalt an Themen und Aspekten, und die jeweiligen Autoren setzen sich sehr intensiv mit diesen auseinander, beziehen sich in der Therapie der Schizophrenie immer wieder auf die S3-Leitlinie, erwähnen viele Studien und Metaanalysen.
Besonders hilfreich für meine Tätigkeit waren für mich die Kapitel zu den Symptomen mit zahlreichen Beispielen (psychopathologischer Befund!), die ausführlichen Beschreibungen der Komorbiditäten und die Informationen zu Doppeldiagnosen sowie die vielen, teilweise auch recht detaillierten Fallbeispiele.
Praxishandbuch Schizophrenie eignet sich perfekt zur kompletten Lektüre oder auch zum Nachschlagen bei konkreten Fragestellungen und ist eine sehr gute Basis für alle, die mit Betroffenen mit Schizophrenie arbeiten.
Peter Falkai und Alkomiet Hasan (Herausgeber): Praxishandbuch Schizophrenie. Diagnostik, Therapie, Versorgungsstrukturen. Urban & Fischer, 2019, 384 Seiten; 45 Euro.