Umgang mit alkoholabhängigen Patienten von Martin Reker

„Wer das Wagnis riskiert, mit einer Haltung interessierter Neugier verstehen zu wollen, warum sich Menschen mit Alkoholproblemen so verhalten, wie sie es tun, muss die Welt durch die Brille der Betroffenen sehen. Das gelingt am ehesten in einer vorübergehenden Identifikation mit ihnen, indem man sich konkrete Ereignisse schildern lässt, die charakteristisch für das Problemverhalten sind.“ (Seite 8)

Martin Reker berichtet in Umgang mit alkoholabhängigen Patienten von Belohnungs-, Vermeidungs- und Gewohnheitstrinkern, Suchtdruck, Ich-Syntonie versus Ich-Dystonie, Geschlechter- und kulturellen Unterschieden, schädlichem Gebrauch versus Abhängigkeit, körperlichen Veränderungen, Komorbidität, der Geschichte des Alkoholkonsums, Behandlung, Entzug, den Einflüssen von Alkoholkonsum auf Arbeit und Wohnen, rechtlichen und forensischen Aspekten.

Ich kenne bereits viele Bücher aus der Reihe „Basiswissen“ gelesen (Umgang mit wahnkranken Menschen, Geschichte der Psychiatrie, Umgang mit suizidgefährdeten MenschenCannabiskonsum und psychische Störungen, Motivierende Gesprächsführung in der Psychiatrie, Umgang mit depressiven Patienten), und immer wieder gefällt mir das Konzept der Reihe, in der bestimmte psychische Störungen bzw. übergeordnete Themen ebenso knapp wie fundiert zusammengefasst werden.

Auch in Umgang mit alkoholabhängigen Patienten gelingt auf weniger als 160 Seiten eine praxisnahe und verständliche Einführung ins Thema Alkoholismus, so dass sich das Buch besonders gut für Einsteiger in die Thematik eignet. Hier helfen zudem die Übersichtlichkeit des Buches sowie die vielen Fallbeispiele, um sich dem Thema zu nähern und medizinische, psychologische, aber auch rechtliche und gesellschaftliche Zusammenhänge zu verstehen.

Das Thema Alkoholabhängigkeit ist für mich in professioneller Hinsicht nicht ganz neu gewesen, dennoch habe ich von Reker viel gelernt, so dass ich denke, dass auch Fortgeschrittenere vom Buch profitieren können.

Ich persönlich hätte mir mehr Erwähnungen von psychologischen und psychotherapeutischen Aspekten der Behandlung, aber auch bezüglich der Entwicklung einer Alkoholabhängigkeit gewünscht. Insgesamt empfand ich das Buch zwar inhaltlich sehr relevant, lehr- und hilfreich, jedoch sprachlich etwas weniger eingängig als andere Bücher der „Basiswissen“-Reihe.

Martin Reker: Umgang mit alkoholabhängigen Patienten. Psychiatrie Verlag, 2015, 160 Seiten; 18 Euro.

Dieser Post ist Teil des Sucht-Monatsthemas im März 2021.

Dazu hab ich auch was zu sagen!