Im Jahre 1951 machen sich Gustav Pfirrmann und Oss Kröher mit einem vorsintflutlichen Motorrad auf die Reise nach Indien. Sie durchqueren dabei Italien, Griechenland, die Türkei, Syrien, den Irak, den Iran, Afghanistan und Pakistan, sind fast 1 ½ Jahre unterwegs und erleben dabei eine Welt, die sich in den letzten 60 Jahren extrem verändert hat.
Die Lektüre von Das Morgenland ist weit war für mich wie eine Zeitreise in Gegenden, die heute durch (Bürger-)Kriege, Diktaturen, Extremismus und Islamismus völlig zerstört oder zumindest sehr verändert sind.
Zur Zeit der Motorradreise musste sich Europa erst wieder vom Zweiten Weltkrieg erholen, die Länder des Nahen und Mittleren Ostens waren unversehrt, Städte wie Damaskus und Bagdad muteten wie ein Traum aus 1001 Nacht an, der Hindukusch konnte gefahrlos überquert werden. Mir haben die Schilderungen der Städte und Regionen sehr gut gefallen, der Autor vermochte es, die Atmosphäre der Suqs, die Weite der Wüsten und Gebirge, die Stimmung der 1950er Jahre perfekt einzufangen.
Was mich beim Lesen etwas gestört hat, war das Gefühl, dass der Autor sich oft in Details verloren hat und abgeschweift ist. Zudem sind die Schilderungen Kröhers nicht immer korrekt, bisweilen ungenau, die Übersetzungen aus dem Arabischen manchmal falsch. Oft habe ich mich auch gefragt, wie sehr die Beschreibungen von neueren Ereignissen gefärbt wurden, denn Kröher schrieb sein Buch erst 45 Jahre nach der Reise, und Erinnerungen verblassen, nachfolgende Geschehnisse verändern Überzeugungen und Beobachtungen. So bleibt die Ungewissheit, was tatsächlich Realität, was richtig wiedergegeben wurde.
Trotz kleinerer Abstriche handelt es sich bei Das Morgenland ist weit um eine spannende Lektüre, die dem Leser eine längst vergangene Zeit nahe bringt.
Oss Kröher: Das Morgenland ist weit. Die erste Motorradreise vom Rhein zum Ganges. Malik, 2000, 672 Seiten; vergriffen (antiquarisch erhältlich).
Dieser Post ist Teil des Weltreise-Themas im August 2018.