
„Man sprach nicht mehr von einem Verschwinden, sondern von einer Reise, was automatisch den Gedanken an eine Rückkehr einschloss.“ (Seite 50)
Fünfundfünfzig Jahre lebte Gladys in Swastika, einem 200-Seelen-Dorf in Kanada. Ihr Mann starb bei einem Grubenunglück, die Tochter Lisana ist psychisch krank, hat mehrere Suizidversuche unternommen.
Niemand versteht, wieso die 76-jährige Gladys eines Tages den Northlander-Zug genommen hat und aus Swastika verschwunden ist, wie sie ihre Tochter, um die sie sich stets gekümmert hat, zurücklassen konnte.
Eine Weile nach Gladys‘ Verschwinden macht sich ein junger Englischlehrer auf die Suche nach der alten Dame, spricht mit ihren Nachbarn, mit Freunden und Bekannten.
In Was dir bleibt erzählt Jocelyne Saucier nicht nur von Gladys, ihrem Leben und ihrem Verschwinden, sondern auch vom Leben in Kanada, von school trains und von Bergbau, von Swastika und seinen Bewohnern.
Mir hat die Geschichte gut gefallen. Sie ist – genau wie Ein Leben mehr – eine eher leise Geschichte, die von der außergewöhnlichen Stimmung im Buch, von den liebevoll gezeichneten Charakteren und von Zwischentönen lebt.
Sprachlich bewegt sich Saucier auf hohem Niveau, doch Was dir bleibt ist dennoch schnell und flüssig lesbar, ist durch den gefühlvollen Erzählstil ergreifend, bewegend und fesselnd, und vor allem die wunderbaren Beschreibungen der Landschaften, des Alltags der Bewohner Swastikas und der besonderen Vorkommnisse sind Saucier hervorragend gelungen.
Jocelyne Saucier: Was dir bleibt. Aus dem Französischen (Québec) von Sonja Finck und Frank Weigand. Insel Verlag, 2020, 253 Seiten; 22 Euro.