Stigma psychische Krankheit. Zum Umgang mit Vorurteilen, Schuldzuweisungen und Diskriminierungen von Asmus Finzen

„Psychische Krankheiten sind immer noch ein Tabu. Nach wie vor leiden Menschen mit psychischen Störungen unter Vorurteilen und Schuldzuweisungen, unter Diskriminierung und Stigmatisierung. […] Das Leiden am Stigma kann so ausgeprägt sein, dass es wie eine zweite Krankheit wirkt. Es beschädigt das Selbstwertgefühl, es macht hoffnungslos und resignativ.“ (Seite 9)

Asmus Finzen widmet sich dem Thema Stigma in seiner gesamten Komplexität, erzählt von fehlenden Berichten über hochfunktionale Betroffene mit Schizophrenie und Überrepräsentation der Schilderungen ungünstiger Verläufe, Vorstufen von Stigmatisierung, Stigmatypen, Sippenhaft, Selbststigmatisierung, Suizidalität, Gewalttätigkeit und Medienberichten, schizophrenogener Mutter und Psychoanalyse, Angehörigen- und Betroffenenselbsthilfe und gibt konkrete Tipps für den Umgang mit dem Stigma.

Finzen legt seinen Fokus auf die Schizophrenie, und er tut dies (leider) aus gutem Grunde, denn die Schizophrenie ist sicherlich nicht nur die am meisten missverstandene psychische Störung, sondern gewiss auch diejenige, die dem größten Stigma unterliegt.

Ich habe schon einige (ebenfalls großartige Bücher) von Finzen gelesen, und auch in Stigma psychische Krankheit setzt er sich auf wertschätzende und fundierte Weise mit der Thematik auseinander und für Betroffene ein.

Finzen bietet einen Blick aus mehreren Perspektiven, beschäftigt sich mit dem Thema Stigmatisierung auf breitgefasste Weise, gibt spannende Impulse und vermittelt viel Wissen.

Stigma psychische Krankheit ist damit ein ebenso wichtiges wie lehrreiches Buch, das klar zeigt, wie schädigend Stigmatisierung, wie wichtig ein respektvollerer und hoffnungsvollerer Umgang mit Betroffenen und wie schwierig die Realisierung von Antistigmakampagnen und von Entstigmatisierung ist.

„Die Schizophrenie ist eine schwere Erkrankung. Sie kann einen ungünstigen Verlauf nehmen. Sie tut das auch häufiger, als wir uns das wünschen. Aber das geht uns mit vielen Krankheiten in der ganzen Medizin so. Die rationale Gegenposition dazu ist Hoffnung, ist Engagement, ist konstruktive Auseinandersetzung, ist Beharrlichkeit ganz im Sinne Eugen Bleulers (1911): ‚Die Therapie der Schizophrenie ist wohl die dankbarste für den Arzt.‘ Sie ist das aber nur, wenn er sich intensiv und langfristig engagiert.“ (Seite 145)

Asmus Finzen: Stigma psychische Krankheit. Zum Umgang mit Vorurteilen, Schuldzuweisungen und Diskriminierungen. Psychiatrie Verlag, 2013, 183 Seiten; 20 Euro.

Dazu hab ich auch was zu sagen!