„Menschen mit narzisstischer Persönlichkeit galten lange Zeit als veränderungsresistent. Das Fehlen einer manifesten Symptomatik die Verleugnung von Problemen und Grenzen sowie ein Verhalten, das der permanenten Bestätigung des eigenen Selbst dient, lassen ihre Veränderungswünsche als gering erscheinen.“ (Seite 202)
Die Autoren thematisieren in Narzissmus. Grundlagen – Störungsbilder – Therapie die ganze Bandbreite an Themen rund um Narzissmus: Konzeptualisierung, Ätiologie und Neurobiologie, Epidemiologie, Klassifikation und Diagnostik, klinisches Bild, Beziehungsgestaltung, kulturelle Aspekte und Therapie.
Ich mag die psychotherapeutische Arbeit mit Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung bzw. Persönlichkeitsakzentuierung, und ich habe einiges zum Thema gelesen. Ich habe zu diesem Mammutwerk gegriffen, weil ich noch mehr über Narzissmus erfahren wollte, und dieses Buch ist so umfangreich, dass wirklich (fast) keine Wünsche offen bleiben. Was leider nur sehr marginal erwähnt wird, ist das Modell der Doppelten Selbstwertregulation bzw. das Modell der Doppelten Handlungsregulation von Rainer Sachse – ein Modell, mit dem ich sehr gute Erfahrungen gemacht habe, wenn ich Patienten eine (narzisstische) Persönlichkeitsstörung rückmelde.
Das Buch ist eher tiefenpsychologisch/psychoanalytisch fundiert, aber Verhaltenstherapie nimmt durchaus einen größeren Stellenwert ein. Thematisch ist das Buch – wie oben bereits erwähnt – sehr breit gefasst, geht aber auch in die Tiefe und vermittelt so extrem viel Wissen. Dabei ist es gut lesbar und bietet durch die vielen Fallbeispiele und die umfassenden Fallvignetten auch viele praktische Einblicke.
Vor allem im Therapie-Teil liegt der Fokus auf psychodynamischen Verfahren, aber man findet hier auch viele spannende Einblicke ins Thema Schematherapie, was ich sehr gelungen und hilfreich fand.
Stephan Doering, Hans-Peter Hartmann und Otto F. Kernberg (Herausgeber): Narzissmus. Grundlagen – Störungsbilder – Therapie. Schattauer, 2021, 800 Seiten; 78 Euro.