Mein Herz ist eine Krähe von Lina Nordquist

„Trauer fragt nicht nach Richtig oder Falsch, Glück nicht nach Moral.“ (Seite 14)

Norwegen im ausklingenden 19. Jahrhundert: Die Heilerin Unni flieht mit ihrem Sohn Roar und Armod, dem Mann, den sie liebt, nach Schweden. Hier bauen sich die 3 ein neues Leben auf, beziehen eine marode Hütte, machen das Land urbar.

Mehr als 70 Jahre später trauern Bricken und ihre Schwiegertochter Kåra um Roar, der kürzlich verstorben ist. Bricken hat durch den Tod Roars, mit dem sie Jahrzehnte verheiratet war, ihren engsten Vertrauten und ihre große Liebe verloren, Kåra erzählt von ihrer unglücklichen Ehe mit ihrem Mann Dag, vom Leben mit Roar, von Rückzug und Isolation.

Von der ersten Seite an hat mich Mein Herz ist eine Krähe vollkommen in Beschlag genommen und dann nicht wieder losgelassen. Die Geschichten um Unni und Kåra werden abwechselnd erzählt, so dass sich der Roman sehr abwechslungsreich liest und extrem fesselnd ist.

Lina Nordquist schreibt bildhaft, detailreich und lebendig, und durch ihre wundervollen Beschreibungen der Kate, die Unni und Armod pachten und in der 70 Jahre später Roar, Bricken und Kåra immer noch leben, des Grundstücks und des angrenzenden Waldes konnte ich mit allen Sinnen in die Geschichte eintauchen.

Mein Herz ist eine Krähe ist sehr stimmungsvoll, hat einen gelungenen Spannungsbogen, und Nordquist erzählt in ihrem Roman sehr eindringlich von Hunger und Armut, Verzweiflung und Hoffnung, Liebe und Abscheu, Gewalt und Verlust, Verletzung und Abhängigkeit. Dabei ist der Roman tragisch, jedoch nie pathetisch.

Auch wenn das Ende für mich nicht überraschend kam, bin ich vollends begeistert von Mein Herz ist eine Krähe, das mein bisheriges Lieblingsbuch 2024 ist.

Lina Nordquist: Mein Herz ist eine Krähe. Aus dem Schwedischen von Stefan Pluschkat. Diogenes, 2023, 464 Seiten; 25 Euro.

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