„aber jedes Mal spürte ich, dass sich irgendwo in diesem Dunkel der Schlüssel zu ihrem Leben verbarg. Alles schien von Anfang an um dieses Geheimnis zu kreisen, und weil das Eigentliche unaussprechlich war, war bei uns immer alles unaussprechlich gewesen, schon die simpelste, belangloseste Wahrheit war so etwas wie Gift, das auf keinen Fall in den Mund genommen werden durfte.“ (CD 1 , Track 8)
Im Jahre 1989 kehrt die Ich-Erzählerin zur Beerdigung ihres Vaters in ihre alte fränkische Heimat zurück, wo sie in den 1950ern und 1960ern aufgewachsen ist. Ihr Vater kam 1944 mit seiner Ehefrau aus dem südukrainischen Mariupol als Zwangsarbeiter nach Deutschland, fühlte sich in diesem fremden Land jedoch nie zugehörig und nie heimisch. Und ebenso geht es seiner Tochter, die in der Schule angefeindet und ausgestoßen wird, die in Deutschland lange nicht Fuß fassen kann.
In Irgendwo in diesem Dunkel erzählt Natascha Wodin vom Leben ihres Vaters – vom Verlassen der ukrainischen Heimat, von Zwangsarbeit in Deutschland, von seiner Malaria und seinem Alkoholismus, von seinem Sterben und seinem Tod – und von ihrem eigenen Leben – von der Zeit im katholischen Kloster, vom frühen Tod der Mutter, von körperlichem und sexuellem Missbrauch, von Obdachlosigkeit.
Ich kenne Sie kam aus Mariupol, Wodins Buch über ihre Mutter, noch nicht, obwohl es bereits in meinem Regal steht und ich nach der Lektüre von Irgendwo in diesem Dunkel sehr neugierig auf Wodins Erstling geworden bin.
Ich empfand die Schilderungen von Wodins trauriger und düsterer Kindheit und Jugend, die geschickt mit dem Leben ihres Vaters verbunden wurden, als sehr eindrücklich erzählt, oft bewegend und durchweg gelungen.
Der Erzählstil Wodins ist sehr lebendig und eindringlich, psychologisch überzeugend und mitreißend. Was ich jedoch als sehr anstrengend erlebt habe, war die weinerliche Stimme, in der das Hörbuch von Martina Gedeck gelesen wurde. Andere mögen diese Stimmlage als besonders emotional und zum Hörbuch passend empfinden, aber ich hatte wirklich Schwierigkeiten, dem Hörbuch zu lauschen, weil mir die Stimme zu klagend und zu plakativ erschien.
Natascha Wodin: Irgendwo in diesem Dunkel. Ungekürzte Lesung von Martina Gedeck. Argon, 2018; 24,95 Euro.
Ein Gedanke zu „Irgendwo in diesem Dunkel von Natascha Wodin (Hörbuch)“