Ob man nach der Lektüre der unten genannten Bücher tatsächlich zum Frauenversteher wird, halte ich für eher unwahrscheinlich, aber ich dachte, ein Geschenkideen-Thema ohne Frauen geht nicht, zumal ich hier keine Tipps für „normale“ Frauenliteratur biete, sondern eher eine Bandbreite an Büchern vorstelle, die unterschiedliche Frauentypen als Hauptprotagonisten haben oder eine besondere Geschichte über Frauen erzählen.
Ellbogen von Fatma Aydemir
Die 17-jährige Hazal lebt im Berliner Wedding und möchte gerne so sein wie andere Mädchen in ihrem Alter, doch ihre strengen Eltern, die aus der Türkei eingewandert, noch immer nicht in Deutschland angekommen sind und sich fremd in der zweiten Heimat fühlen, ermöglichen ihr keine normale Jugend. Hazal fühlt sich eingeschränkt und in ihrer Freiheit beschnitten, sie hat Sehnsüchte und Wünsche, weiß aber, dass der Lauf ihres Lebens vorbestimmt ist, dass sie keine echte Wahl hat. Hazal versucht, aus dem strengen Elternhaus auszubrechen, indem sie stiehlt, kifft, sich betrinkt und heimlich mit einem Mann skypt, den sie im Internet kennengelernt hat. Sie bewegt sich unaufhaltsam auf einen Abgrund zu, und am Abend ihrer Geburtstagsfeier eskaliert die Situation, so dass Hazals Leben endgültig aus den Fugen gerät. [Hier geht’s zu meiner ausführlichen Rezension.]
Sieben Frauen aus Tripolis von Kamal Ben Hameda
Kamal Ben Hameda berichtet in Sieben Frauen aus Tripolis vom Leben in der libyschen Hauptstadt, von unterdrückten Ehefrauen und Gewalt in der Ehe, doch auch von Lebenslust und Sinnlichkeit. Er entwirft so auf wenigen Seiten ein komplexes Bild der libyschen Gesellschaft, erzählt anhand von Geschichten der Mutter des Ich-Erzählers und ihren Freundinnen von eingeschränkter und von ausgelebter Freiheit, vom langsamen Ausbrechen aus patriarchalen Strukturen.
Tage ohne Hunger von Delphine de Vigan
Laure, die Hauptprotagonistin in Delphine de Vigans neuestem Roman Tage ohne Hunger, leidet an Anorexia nervosa und hungert sich buchstäblich zu Tode, kann kaum noch aus dem Haus gehen, zieht sich von Freunden zurück. Erst als sich eine schier unerträgliche Kälte in ihrem Körper ausbreitet, sie deshalb unzählige Lagen an Kleidung tragen und Stunden am Heizkörper verbringen muss, sucht sie sich Hilfe und lässt sich auf einen Termin mit einem Spezialisten für Essstörungen ein. Einen Krankenhausaufenthalt schließt sie jedoch nach wie vor aus. Doch bald verschlechtert sich ihr ohnehin erschreckender Zustand noch mehr, und da hat sie endlich den Willen zu überleben und sich in eine stationäre Behandlung zu begeben, zuzunehmen und ein Leben nach dem Hungern zu beginnen. [Hier geht’s zu meiner ausführlichen Rezension.]
Meine geniale Freundin/Die Geschichte eines neuen Namens/Die Geschichte der getrennten Wege von Elena Ferrante
Lila und Elena sind bereits seit über 60 Jahren miteinander befreundet, als Lila eines Tages spurlos verschwindet. Elena weiß, dass ihre Freundin schon seit mindestens 30 Jahren darüber nachgedacht hat, Neapel zu verlassen, und nun scheint die passende Zeit gekommen zu sein: Alle Kleider, Schuhe, Bücher, Fotos, Filme und Lilas PC sind weg. Um das Geheimnis um Lilas Verschwinden aufzudecken, denkt Elena zurück an die gemeinsame Zeit mit ihrer Freundin und erzählt von der Kindheit, der Jugend und dem Erwachsenenalters. [Hier geht’s zu meiner Rezension zu Band 1, Band 2 und Band 3.]
Heimkehren von Yaa Gyasi
In Heimkehren erzählt die ghanaisch-US-amerikanische Autorin Yaa Gyasi die Geschichte von zwei Halbschwestern, die Mitte des 18. Jahrhunderts in Ghana aufwachsen, und von ihren nachfolgenden Generationen, deren Wege bis ins Ghana und die USA der Gegenwart führen. [Hier geht’s zu meiner ausführlichen Rezension.]
Kukolka von Lana Lux
Lana Lux erzählt in ihrem Debütroman von einer Kindheit und Jugend in der Ukraine und dem großen Traum von Deutschland, den die Hauptprotagonistin Samira mit aller Kraft verfolgt. [Hier geht’s zu meiner ausführlichen Rezension.]
The Atlas of Beauty von Mihaela Noroc
Mihaela Noroc hat 500 Frauen aus mehr als 50 Ländern fotografiert und präsentiert ihr Projekt, das nicht nur sehr ästhetisch ist, sondern auch für Toleranz und Offenheit wirbt, in ihrem Bildband The Atlas of Beauty. [Hier geht’s zu meiner ausführlichen Rezension.]
Das Leben adeliger Frauen von Martina Winkelhofer
Martina Winkelhofer hat Wissenswertes aus dem Alltag in der k.u.k. Monarchie zusammengetragen und geht in Das Leben adeliger Frauen auf Kindheit und Jugend, Verlobung und Heirat, Ehe und Familienleben, das Schicksal unverheirateter Frauen, Standesbewusstsein und Traditionen, Wohltätigkeit, Salonkultur, Jahresablauf, Vermögen, Krankheiten und Schicksalsschläge, Witwenschaft, Alter und Tod sowie auf das Ende des Adels in Österreich ein.
Blauschmuck von Katharina Winkler
Filiz Lale wächst in einem Dorf in der Türkei auf und lebt hier zusammen mit ihren Eltern und ihren Geschwistern. Sie ist verliebt in den wenige Jahre älteren Yunus, doch ihr Vater ist gegen eine Heirat. Und so verlässt Filiz ihr Dorf, heiratet Yunus heimlich und gegen den Willen ihres Vaters. Sie lebt mit Yunus im Haus seiner Mutter und wird von dieser und Yunus drangsaliert, verprügelt und bedroht. Katharina Winkler hat mit ‚Blauschmuck‘ einen Roman vorgelegt, der auf einer wahren Lebensgeschichte basiert. Und beim Lesen möchte man gar nicht glauben, dass sich die Autorin das alles nicht einfach nur ausgedacht hat, dass unzählige Frauen tagtäglich brutale Gewalt erfahren, dass Filiz‘ Geschichte kein Einzelfall ist.
Dieser Post ist Teil des Themas „Geschenkideen“ im Dezember 2017.