„Es gibt viele Beispiele von Psychiatrie-Erfahrenen, die ein erfüllendes und gutes Leben führen. Oft hat dies bedeutet, dass sie ihren ursprünglichen Lebensentwurf verändert und umgeschrieben haben aufgrund der Krisenerfahrung und dass der neue Lebensentwurf glücklich macht. Und genau darüber wollen wir nachdenken: Welche Elemente braucht ein Leben, um ein gutes zu sein?“ (Seite 147)
Ein gutes Leben und andere Probleme war bei seinem Erscheinen 2018 im deutschsprachigen Raum der erste Ratgeber von Psychiatrie-Erfahrenen für Psychiatrie-Erfahrene und behandelt Themen, von denen die Autorinnen wissen, dass sie für viele Psychiatrie-Erfahrene relevant, interessant und wichtig sind, die in Gesprächen mit ihren Freunden und in Seminaren immer wieder aufgetaucht sind.
Angesprochen wird z.B., wie man Stress abbauen, sparsam leben, mit Krisen umgehen, Arbeit finden, Freundschaften aufbauen und der Einsamkeit entrinnen sowie sich selbst bei schlechter Laune, bei psychotischen Ängsten und bei Trauer helfen kann.
Ich empfand das Buch als sehr flüssig, verständlich und sehr unterhaltsam lesbar sowie als relevant, auch wenn ich die Thematik als Professionelle statt als Betroffene betrachtet habe.
Svenja Bunt (Pseudonym) und Sibylle Prins bieten in ihrem Buch elementare Tipps, die bisweilen sehr basal sind, deshalb aber jeden Leser genau da abholen, wo er gerade steht. Da beide Autorinnen selbst Betroffene sind, wissen sie genau, wo oft der Schuh drückt, wo Probleme auftreten und welchen Schwierigkeiten man sich als Betroffener stellen muss.
Bunt und Prins beleuchten verschiedene Aspekte des Alltags, drängen sich dabei nicht auf und belehren nicht, sondern erwähnen immer wieder, dass es verschiedene Bedürfnisse und damit unterschiedliche Herangehensweisen und Interpretationen gibt. So zeigen sie Kompromisse und Alternativen auf, die man eingehen kann, um nicht am ursprünglichen Plan festhalten zu müssen, den man gerade nicht erfüllen kann, sondern wie man dennoch zufrieden mit sich und seinem Leben sein bzw. werden kann.
Bunt und Prins übergeben das Wort auch an andere Personen, die von ihren Eindrücken und Erfahrungen berichten, so dass die Thematik sehr heterogen betrachtet und komplex angegangen wird.
Die Autorinnen geben nicht nur Empfehlungen und zeigen Alternativen, sondern spenden auch Trost und bieten Anleitungen zur (Selbst-) Hilfe. So fördern sie vorhandene Ressourcen, zeigen den Weg zu mehr Selbstständigkeit, Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit, wodurch der Recovery-Prozess positiv beeinflusst wird.
Sehr schön fand ich auch die vielen Tipps zum Weiterlesen, von denen ich direkt einiges Bücher auf meine Wunschliste gesetzt habe.
„Keine der psychiatrischen Diagnosen bedeutet das Ende der Welt. Es gibt mit jeder Diagnose auch gute Verläufe. Es ist auch mit einer schweren Erkrankung ein gutes Leben möglich. Ihre Energien sind besser investiert in den Kampf für eine gute Lebensqualität als in den Kampf gegen eine Diagnose.“ (Seite 69)
Svenja Bunt und Sibylle Prins: Ein gutes Leben und andere Probleme. Ein Ratgeber von Psychiatrie-Erfahrenen für Psychiatrie-Erfahrene. BALANCE buch + medien verlag, 2018, 167 Seiten; 17 Euro.