„Die Behauptung, Menschen seien erfolgreicher oder höher entwickelt, hängt entschieden davon ab, wie man diese Begriffe definiert.“ (Seite 19)
„[…] die angeblich zentralen Unterscheidungsmerkmale zwischen Vögeln und unseren nächsten Primatenverwandten – Werkzeugbau, Kultur, die Fähigkeit, zu schlussfolgern, sich an die Vergangenheit zu erinnern und an die Zukunft zu denken, die Fähigkeit, den Blickwinkel eines anderen einzunehmen sowie voneinander zu lernen – scheinen sich, eines nach dem anderen, in Luft aufzulösen. Viele unserer hochgeschätzten Formen von Intelligenz scheinen sich – entweder teilweise oder im Ganzen – bei den Vögeln ziemlich unabhängig und sehr raffiniert direkt neben den unsrigen entwickelt zu haben.“ (Seite 22)
Jennifer Ackerman geht in Die Genies der Lüfte näher auf diese Fähigkeiten ein und erzählt von Geradschnabelkrähen und Metawerkzeuggebrauch, Schwarzkopfmeisen und Gehirngröße, Inseln und Evolution, Keas und Spielen, Kohlmeisen und Sozialleben, Krähen und Geschenken, Spottdrosseln und Imitation, Laubenvögeln und Ästhetik, Weißscheitelammern und Orientierung, Spatzen und Anpassungsvermögen.
Ackerman ist fasziniert von Vögeln, und das spürt man ab der allerersten Seite ihres wunderbaren Sachbuchs. Sie kann den Leser mit dieser Faszination und Begeisterung ohne Weiteres anstecken und erzählt in ihrem Buch so viele kleine Anekdoten, geht auf wissenschaftliche Befunde ein und bietet so viele Einblicke in unterschiedliche Spezies und verschiedene Fähigkeiten, dass man beim Lesen nur staunen kann.
Dabei schreibt Ackerman stets sehr verständlich, und obwohl Die Genies der Lüfte ein anspruchsvolles Sachbuch ist, wird man hier zudem hervorragend unterhalten.
Obwohl ich mich schon sehr viel mit Tieren und ihren (oft unterschätzten) Fähigkeiten beschäftigt habe, habe ich durch die Lektüre viel dazugelernt und habe neue bzw. tiefere Einblicke ins Thema erhalten.
Jennifer Ackerman: Die Genies der Lüfte. Aus dem Englischen von Christel Dormagen. Rowohlt, 2017, 447 Seiten; 24,95 Euro.
Dieser Post ist Teil meines Rabenvögel-Monatsthemas im September 2020.