Der Fall des verschwundenen Lords von Nancy Springer

„Auch mir hatte London in den vergangenen zwei Tagen weit mehr gezeigt, als ich zuvor gekannt hatte.

Und nun, da ich es kannte, kam mir mein eigenes Pech recht unbedeutend vor.“ (Seite 169)

England im Jahre 1888: Die 14-jährige Enola Holmes lebt mit ihrer Mutter und wenigen Bediensteten auf dem Landsitz Ferndell Hall. Ausgerechnet an Enolas 14. Geburtstag verschwindet die Mutter spurlos, und nachdem Enola das Haus und das Anwesen durchsucht und im Ort herumgefragt hat, benachrichtigt sie ihre Brüder: den berühmten Detektiv Sherlock Holmes und den ältesten Bruder Mycroft Holmes.

Die beiden Brüder reisen an, doch können – trotz ihrer großen Begabung in Sachen Deduktion – nichts finden, was über den Verbleib ihrer Mutter Auskunft geben könnte. Allerdings erfährt Enola, dass Mycroft offizieller Eigentümer von Ferndell Hall ist und dass Sherlock und Mycroft die Mutter seit Jahren finanziell unterstützen. Das Geld wurde von der Mutter aber nicht in diejenigen Ausgaben gesteckt, die sie Sherlock und Mycroft genauestens vorgerechnet hat, sondern anscheinend gespart. Laut Sherlock und Mycroft ist die Mutter durchgebrannt und macht sich mit dem Geld ein schönes Leben. Doch Enola ist davon nicht überzeugt und begibt sich schließlich auf den Weg nach London, um nach ihrer Mutter zu suchen.

Ich bin großer Sherlock Holmes-Fan und mag zudem Alan Bradleys Flavia de Luce-Reihe sehr gerne. Ich finde, Der Fall des verschwundenen Lords ist eine gelungene Mischung aus beiden Reihen, ohne dass man das Gefühl hat, es sei eine simple Kopie.

Ich empfand die Stimmung auf dem Landsitz und in London als sehr atmosphärisch und so lebendig beschrieben, dass man die Orte, die Personen und die Begebenheiten klar vor Augen sieht. Dabei liest sich das Buch sehr unterhaltsam und flott, wirkt durchweg gut recherchiert, glaubhaft und realistisch.

Bisweilen hatte ich das Gefühl, einzelne Passagen wären etwas kindlicher und einfacher als der Rest des Buches, so dass ich fand, dass dies nicht ganz zum Rest des Buches passt, z.B. als Enola den ersten Code knackt. Im Verlauf hat sich dies aber gegeben, und ich empfand das Buch insgesamt als stimmig.

Ich werde die Reihe sicherlich weiter verfolgen und bin gespannt auf den nächsten Enola Holmes-Band.

Nancy Springer: Der Fall des verschwundenen Lords. Ein Enola Holmes-Krimi. Knesebeck, 2019, 189 Seiten; 15 Euro.

Dieser Post ist Teil des Monatsthemas „Viktorianisches Zeitalter“ im März 2022.

4 Gedanken zu „Der Fall des verschwundenen Lords von Nancy Springer“

  1. Hach – das Buch ist mir auch schon über den Weg gelaufen und ich freue mich über deine Rezension. Ist es eigentlich illustriert?
    Zwar lese ich gerne hin und wieder Kinder- und Jugendbücher, informiere mich meist aber vorher sehr intensiv, ob die Titel mir denn auch Lesespaß versprechen. Deine Vorstellung hat mich jetzt sicherer gemacht, dass es mir gut gefallen könnte 🙂 Vielen Dank dafür!

    LG
    Sandra

    1. Liebe Sandra,

      illustriert ist das Buch nicht, aber falls du Flavia und Sherlock magst, kann meiner Meinung nach überhaupt nichts schiefgehen :-). Liebe Grüße an dich und noch ein schönes Wochenende!

        1. Ganz spontan würde ich sagen, dass dir Flavia total gefallen wird. So eine tolle Stimmung in den Büchern und eine wunderbare Hauptprotagonistin (und skurrile Nebenprotagonisten). Tut mir leid, dass nun noch mehr auf deine Wunschliste kommt :-).

Dazu hab ich auch was zu sagen!