Das Angeln von Piranhas von Tina Ger

„Nichts ist okay. Mein ganzes Leben ist total in sich verhakt. Da kocht etwas in mir, und das will raus.“ (Seite 68)

Schon seit Wochen interessiert sich Luca – verheiratet mit Johanna, 2 Kinder, Wohnung im Prenzlauer Berg – für die Brasilianerin Yara, die als Bedienung in der Kneipe „Lass uns Freunde bleiben“ arbeitet.

Nach einer einzigen miteinander verbrachten Nacht, die Lucas Leben vollkommen auf den Kopf stellt, verschwindet Yara spurlos: Sie ist aus ihrem WG-Zimmer ausgezogen, hat den Job in der Kneipe aufgegeben, hat ihren Flug in die brasilianische Heimat umgebucht.

Luca ist nichts von ihr geblieben, und das Leben, wie er es bisher kannte, entgleitet ihm nach und nach. Schließlich macht er sich auf den Weg nach Brasilien, um vor Ort nach Yara zu suchen, und lässt sein Berliner Leben und seine Familie hinter sich.

Das Angeln von Piranhas ist in drei Teile untergliedert, wobei der erste Teil in Berlin spielt und mir am besten gefallen hat, der zweite Teil den Leser mit ins brasilianische Fortaleza mitnimmt und die Handlung des dritten Teils im brasilianischen Hinterland angesiedelt ist. Jeder einzelne Teil ist in einem anderen Stil geschrieben, erzählt auf unterschiedliche Weise von Lucas Zweifeln und seinen Sehnsüchten, lässt den Leser so gekonnt in die verschiedene Lebenswelten Lucas eintauchen.

Ich empfand die Figuren als sehr lebensnah und authentisch gezeichnet, wodurch ich vor allem für Luca beim Lesen regelrecht Gefühle entwickelt habe – auch wenn diese durchweg negativ waren.

Auch fand ich, dass Tina Ger in ihrem Roman zwar viele Themen anspricht, aber so geschickt miteinander verwebt, dass Das Angeln von Piranhas nie überfrachtet oder überladen wirkt. Gelungen fand ich auch, dass die Geschichte, die wie eine harmlose Alltagsgeschichte eines egozentrischen, fremdgehenden Mannes begann, zu einem wahren Albtraum wird, der emotional und psychologisch überzeugend beschrieben wurde.

Neben all den positiven Aspekten habe ich jedoch auch ein paar kleinere Kritikpunkte. So waren mir die Ausführungen bezüglich der Religionsgemeinschaft „United for God“ stellenweise etwas zu dominant und zu ausufernd. Auch empfand ich die Sprache bisweilen als etwas zu schwülstig und blumig, vor allem beim Beschreiben der (sehr vielen) Sexszenen im Roman.

Tina Ger: Das Angeln von Piranhas. fineBooks Verlag, 2019, 248 Seiten; 14,99 Euro.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert