Dann schlaf auch du von Leïla Slimani

„Sie hat die stille Wohnung ganz in ihrer Gewalt, wie einen Feind, der um Gnade bittet.“ (Seite 32)

Paul und Myriam leben mit ihrer Tochter Mila und ihrem Sohn Adam im 10. Arrondissement in Paris und stellen eines Tages die Nanny Louise ein. Sie können ihr Glück kaum fassen, denn Louise kümmert sich rührend um die beiden Kinder, räumt die Wohnung auf, näht Knöpfe an, bringt Ordnung in ihr Leben und scheint sich bedingungslos auf die Arbeit bei der Familie einzulassen.

Leïla Slimani verrät bereits im ersten Satz ihres Romans Dann schlaf auch du, wie die Geschichte um die Nanny Louise endet. Nichtsdestotrotz ist das Buch packend und baut viel Spannung auf, da man als Leser gerne erfahren möchte, wie es zu den Geschehnissen kam, was die liebevolle, zugewandte, beinahe selbstlose Louise so verändert hat. Leider erfährt man genau das am Ende nicht wirklich.

Mir hat der Roman insgesamt gut gefallen, er liest sich flüssig, die schnörkellose, klare Sprache ist dennoch anspruchsvoll, die Beschreibung der Figuren ist gelungen und überzeugend. Auch die Tatsache, dass Slimani andere Personen zu Wort kommen lässt, die ihre Beobachtungen wiedergeben, hat mir gefallen, da die Geschichte um Louise und die Familie so aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet wird.

Am Ende war ich dennoch etwas enttäuscht von dem Roman, denn meiner Meinung nach blieben zu viele Fragen offen. Mich hätte vor allem interessiert, wie es zur Tat gekommen ist, was genau passiert ist, was der konkrete Auslöser war. All diese Dinge bleiben ungeklärt, wodurch der Roman auf mich irgendwie unfertig gewirkt hat.

Leïla Slimani: Dann schlaf auch du. Aus dem Französischen von Amelie Thoma. btb, 2018, 224 Seiten; 10 Euro.

Dieser Post ist Teil meines Monatsthemas „Sex und Gewalt“ im Dezember 2020.

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