„Unserem Umgang mit Medikamenten liegen zum Teil lieb gewordene Denk- und Verordnungsgewohnheiten zugrunde, die nicht immer einwandfrei durch wissenschaftliche Studien untermauert sind. Stattdessen erreicht uns eine Fülle werbender Informationen, die uns die überlegene Wirksamkeit oder Nebenwirkungsarmut neuer Substanzen oder zusätzliche Indikationen lange bekannter Medikamente darlegen sollen.“ (Seite 13)
Nils Greve, Margret Osterfeld und Barbara Diekmann haben Umgang mit Psychopharmaka geschrieben, weil Betroffene, Angehörige und teilweise auch Professionelle oft nicht ausreichend über verordnete Medikamente informiert sind.
In ihrem Buch fokussieren die Autoren auf vier Gruppen der Psychopharmaka: Antidepressiva, Phasenprophylaktika, Neuroleptika sowie Tranquilizer und Hypnotika. Sie erwähnen jedoch auch Medikamente zur Entgiftung und Entwöhnung bei Sucht und Medikamente gegen Aufmerksamkeitsdefizitstörungen, bieten Informationen für Schwangere und Stillende, über Psychopharmaka im Alter sowie zu Arzneimittelstudien.
Greve, Osterfeld und Diekmann haben für ihr Buch viel Wissen über Psychopharmaka zusammengetragen und auf sehr verständliche und übersichtliche Weise aufbereitet. Zusätzlich zu den Informationen über Psychopharmaka geben sie den Lesern hilfreiche Tipps für den Umgang mit Ärzten und Medikamentenverordnungen sowie für ein konkretes Gespräch mit dem behandelnden Arzt und motivieren dazu, nachzufragen, Dinge zu hinterfragen und nicht einfach alles hinzunehmen.
Die Ausführungen zu den einzelnen Gruppen von Psychopharmaka, von Wirkungen und Nebenwirkungen, von einzelnen Präparaten etc. sind allesamt leicht verständlich, so dass Laien den Schilderungen sehr gut folgen können. Als sehr nützlich empfand ich dabei auch die Querverweise zu anderen Kapiteln, so dass man schnell diejenige Information findet, die man gerade sucht, sowie die Verwendung von Fachbegriffen, die in einem Glossar erklärt werden und die wichtig sind, damit man für ein Arztgespräch gewappnet ist.
Ich empfehle das Buch vor allem für Betroffene und Angehörige, denn hier wird genau die Art von Wissen gebündelt und transportiert, die man braucht, um sich durch den Psychopharmakadschungel kämpfen und Eigeninitiative bezüglich der eigenen (Psychopharmaka-) Behandlung entwickeln zu können. Doch auch professionelle Helfer können von der Lektüre von Umgang mit Psychopharmaka profitieren, da hier viel Wissen aufgefrischt wird, aber auch Aspekte angesprochen werden, die einem bisher vielleicht noch nicht geläufig waren.
„Das abrupte Absetzen von Neuroleptika, das sehr häufig neue Krankheitsepisoden auslöst, ist […] häufig auch durch mangelhafte Information und Aufklärung der Patienten bedingt, wird ihnen aber als mangelndes Vertrauen in die ärztliche Kunst vorgeworfen. […] Wir haben den Eindruck, dass immer mehr Psychopharmaka in wissenschaftlich nicht zu begründenden Kombinationen verordnet werden, während das psychiatrische Gespräch mit Patienten, um einen gemeinsam gangbaren Weg zu finden, eher seltener wird.“ (Seite 17)
Nils Greve, Margret Osterfeld und Barbara Diekmann: Umgang mit Psychopharmaka. Psychiatrie Verlag, 2017, 287 Seiten; 20 Euro.
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