El Idilío ist ein kleiner Ort mit wenigen Einwohnern, der nur zwei Mal pro Jahr von einem Briefträger und vom Zahnarzt Rubicundo Loachamín besucht wird. Der Zahnarzt kümmert sich nicht nur um das Ziehen von faulen Zähnen und dem Anpassen eines geeigneten Gebisses, sondern versorgt Antonio José Bolívar Proaño zudem mit Liebesromanen.
Eines Tages wird der Alltag jäh durchbrochen, da die Leiche eines jungen Mannes in einem Kanu ans Ufer getrieben wird. Dieser Gringo führt die Felle von Ozelotjungen mit sich. Antonio José Bolívar Proaño ist sich sicher, was sich zugetragen hat: Der Gringo hat die Jungtiere getötet, wurde daraufhin von der Mutter angegriffen und tödlich verletzt.
Schnell besteht der Verdacht, dass die Katze die Fährte aufgenommen hat und nun Vergeltung üben wird.
Beim Lesen der ersten Seite stellte sich augenblicklich ein „Südamerika-Gefühl“ ein, der chilenische Autor Luis Sepúlveda versetzt den Leser mit allen fünf Sinnen nach El Idilío und beschreibt bildhaft, authentisch und fesselnd den kleinen Ort und seine Bewohner.
Der Leser erfährt außerdem von der geistigen Nähe und Freundschaft zwischen dem Alten und den Shuara sowie von Ritualen und Überzeugungen dieser Volksgruppe.
Stutzig machte mich, dass der Autor von einem Ozelot spricht. Ozelote sind mittelgroße Katzen, die lediglich eine Kopfrumpflänge von 55 bis 100 Zentimetern erreichen und Beute mit weniger als 1 Kilogramm Körpergewicht bevorzugen. Dies passt nicht zur von Sepúlveda beschriebenen Katze, die ganze Landstriche in Angst und Schrecken versetzt.
Mir hat Der Alte, der Liebesromane las sehr gut gefallen, obwohl mein positiver Eindruck von dem Patzer mit der Tierbezeichnung etwas getrübt wurde. Unabhängig davon spreche ich eine absolute Kaufempfehlung aus.
Luis Sepúlveda: Der Alte, der Liebesromane las. Aus dem chilenischen Spanisch von Gabriela Hofmann-Ortega Lleras. dtv, 2002; vergriffen (antiquarisch erhältlich).
Dieser Post ist Teil des Monatsthemas „Argentinien und Chile“ im März 2019.