Der Alkoholiker Wenedikt Jerofejew befindet sich im Zug von Moskau nach Petuschki. Dort möchte er die „Favoritin unter den Flittchen“ treffen, die er 12 Wochen zuvor kennengelernt und seitdem jede Woche besucht hat. In seinem Gepäck hat er jede Menge Schnaps, und die Zugfahrt entwickelt sich schließlich zu einem Saufgelage und einem Monolog über Politik, sowjetische Lebens- und Arbeitsbedingungen, Frauen u.v.m.
Der Ich-Erzähler ist ein einsamer und vom Leben enttäuschter Misanthrop, dessen einzige Lichtblicke der Alkoholrausch und die Frau in Petuschki sind. Der Autor schildert nicht nur das Problem des exzessiven Alkoholkonsums in Russland/der Sowjetunion, sondern der Leser erhält auch Einblicke in politische Begebenheiten und Lebenssituationen.
Die Reise nach Petuschki lässt sich nicht immer einfach lesen, denn die Sprache ist bisweilen konfus und spiegelt so die zerrissenen Gedankengänge des alkoholkranken Protagonisten perfekt wider.
Ich hatte beim Lesen oft das Gefühl, ich säße mit dem betrunkenen und dennoch immer weiter saufenden und sich in Kleinigkeiten verlierenden Wenedikt im Zug und müsste mir fortwährend seine surrealen Schilderungen anhören. Dies hat mich beim Lesen zwar bisweilen wütend gemacht, aber dadurch ist Die Reise nach Petuschki auch eine erschreckend authentische und glaubhafte Beschreibung einer Zugfahrt und eines Lebens am Abgrund.
Wenedikt Wassiljewitsch Jerofejew: Die Reise nach Petuschki. Aus dem Russischen von Natascha Spitz. Piper, 1987, 176 Seiten; 9,99 Euro.
Dieser Post ist Teil des Zugfahrt-Monatsthemas im Oktober 2019.