
„Die Trauer bringt alles durcheinander. Alles ist anders. Nichts kann je wieder so sein, wie es war. Vieles ist infrage gestellt. Die Strukturen zerfallen. Die Zukunft sieht ohne den geliebten Menschen unwirklich und düster aus. Das Lebensgefühl ist das eines verlorenen Kampfes, einer persönlichen Niederlage. Man fühlt sich so allein wie der letzte Mensch auf Erden. Ein Mensch, der untröstlich bleibt und dem nichts und niemand helfen kann. Außer, wenn die Umkehrung des Unumkehrbaren sich vollzöge.“ (Seite 11)
Joanna Lisiak setzt sich in ihrem Buch mit verschiedenen Trauerritualen auseinander. Dazu gehören „Rituale in der Natur“, zum Beispiel mit Blättern und Bäumen, „Rituale im Kleinformat“, zum Beispiel mit einem Handschmeichler, einer Feder oder einem bestimmten Ort, den man mit dem Verstorbenen assoziiert.
Es gibt zudem „Rituale, die nach innen gehen“, zum Beispiel bestimmte Farben oder Tees, „Rituale, die in die Tiefe gehen“, zum Beispiel um Vergebung zu bitten oder Bedauern auszusprechen, „Rituale zur Stärkung der Erinnerung und des Nicht-Vergessens“, zum Beispiel im Namen des Verstorbenen etwas spenden, „Rituale, die einfach umzusetzen sind“, zum Beispiel mit Blumen, sowie „Rituale, die über das rein Physische hinausgehen“, zum Beispiel mittels Dankbarkeit.
Ich bin jemand, die sehr gut mit Trauer umgehen, sie zulassen und gut regulieren kann. Für meine psychotherapeutische Arbeit wünsche ich mir jedoch mehr Ideen zum Umgang mit Verlust und Trauer, weshalb ich dieses Buch gelesen habe.
Ich empfand die Vorbereitungen, die die Autorin für jedes Ritual beschreibt, als etwas zu ausufernd und nicht ganz nach meinem Geschmack. Zu Beginn der Lektüre dachte ich deshalb, dass das Buch etwas anderes ist, als das, was ich erwartet hatte. Im Verlauf habe ich aber auch sehr gute Impulse bekommen, die ich gerne mit Trauernden ausprobiere, sodass ich das Buch letztendlich sehr empfehlen kann – auch wenn ich denke, dass knappere Ausführungen ausreichend gewesen wären.
„Der Mensch ist auf einmal nicht da. Und doch ist er hier. […] Physisch ist die Person nicht mehr zugegen, kann nicht mehr auf mich zukommen und mich umarmen. Doch sie ist umso anwesender in dieser vermeintlichen Abwesenheit. […] Der geliebte Mensch ist nicht mehr, aber die Liebe, die Verbindung, das Band und die Beziehung: Sie bleiben bestehen. Mehr noch: Sie können wachsen, sich entwickeln, sich fortsetzen.“ (Seite 14)
Joanna Lisiak: Trauerrituale – in neuer Form verbunden. Junfermann, 2024, 272 Seiten; 28 Euro.