„Dass mit Wilhelm etwas nicht in Ordnung ist, ist mir leider zu spät bewusst geworden. An dem Kerl hängt das Unheil.“ (Seite 45)
Walter und sein strenger Vater Wilhelm sind im Gebirge unterwegs, verfolgen einen Bären und treffen dabei zum ersten Mal auf den Landvogt Gessler und seinen ebenso brutalen wie hinterlistigen Gefolgsmann Harras.
Diese Begegnung soll nicht die letzte mit Gessler und Harras sein, und schließlich kommt es zum berühmten Apfelschuss.
Ich kannte die Tell-Saga vor der Lektüre nur sehr grob, hatte mich nie damit befasst und hatte zudem nie den dringenden Wunsch, das zu ändern. Durch eine Buchvorstellung bin ich jedoch neugierig geworden, und nach dem Lesen bin ich froh, dass ich die Wissenslücke rund um Wilhelm Tell nun geschlossen habe.
Tell ist sehr ansprechend und anspruchsvoll geschrieben, versetzt einen beim Lesen tatsächlich ins 14. Jahrhundert. Dabei war ich sprachlich zwar sofort begeistert, habe bezüglich des Inhalts jedoch ein paar Kapitel gebraucht, um wirklich angefixt zu werden, aber irgendwann habe ich den point of no return erreicht und habe bis spät in die Nacht hinein gelesen, weil ich das Buch nicht mehr zur Seite legen konnte.
Joachim B. Schmidt erzählt die Saga in kurzen Kapiteln, in denen er aus der Sicht von unterschiedlichsten Personen berichtet, wie sich die abenteuerliche Geschichte zugetragen hat. Dadurch wird nicht nur viel Spannung aufgebaut, sondern Tell liest sich sehr unterhaltsam, und Schmidt gelingt es, ein komplexes Bild von Tell, seiner Familie und seiner Epoche zu zeichnen. Dabei wird es natürlich auch brutal, was angesichts der Zeit (die Geschichte um Tell wird auf das Jahr 1307 datiert) authentisch und stimmig ist.
Tell steht auf der Liste meiner Lieblingsbücher 2022. Unbedingt lesen!
Joachim B. Schmidt: Tell. Diogenes Verlag, 2022, 288 Seiten; 23 Euro.
Dieser Post ist Teil meines Schweiz-Monatsthemas im Juni 2022.