Schlangen im Garten von Stefanie vor Schulte

„Es ist ihm ein Rätsel, wie er das schaffen soll. Es ist ihm ein Rätsel, wie er Stück für Stück in seinem Leben voranmarschieren soll, und jedes Ereignis wird ein Ereignis ohne Johanne sein. Und trotzdem werden die Ereignisse kommen und die Jahre werden sich neigen.“ (Seite 119)

Adam Mohn hat seine Frau Johanne verloren. Ihr Tod hat ihm den Boden unter den Füßen weggerissen, er funktioniert nur noch marginal, verliert seinen Job und braucht die Hilfe seines ältesten Sohnes Steve, der ein Auge auf seine Geschwister hat – auf die 12-jährige Linne, die in der Schule abgerauscht ist, und auf den 11-jährigen Micha, der im Altersheim, in dem er bisher zwei Mal die Woche Romane vorgelesen hat, nicht mehr erwünscht ist.

Sie alle trauern auf ihre Art um Johanne, finden nicht zurück in ihr altes Leben, wollen und können dies und die Erinnerung an die Ehefrau und Mutter (noch) nicht loslassen.

Mit diesem Verhalten stoßen die Mohns auf Kritik, denn auf sie wurde ein Trauerbegleiter angesetzt, der es als seine Aufgabe versteht, dass die Mohns den Trauerprozess beschleunigen und die Trauerarbeit nicht verschleppen. Auch die Nachbarn wundern sich, beobachten und denunzieren.

Ich fand Junge mit schwarzem Hahn ganz wundervoll und sehr besonders, weshalb ich sehr neugierig auf Schlangen im Garten war. Auch in ihrem neuesten Roman erzählt Stefanie vor Schulte in einer unnachahmlichen Sprache, die hohen Wiedererkennungswert hat und metaphorisch ist, ohne übertrieben gewählt und hölzern anzumuten. Darin ähneln sich die beiden Romane, wenngleich sie inhaltlich sehr unterschiedlich sind.

Trauer ist etwas sehr Persönliches, und ich finde, Trauer braucht so viel Zeit, wie sie eben braucht, lässt sich nicht forcieren, nicht abkürzen. Und genau um dieses Thema geht es auch im Roman, in dem die Personen trauern, dies auf ihre individuelle Weise tun und tun müssen, sich Zeit nehmen und sich in Erinnerungen an die verlorene Frau und Mutter verlieren, um letztendlich irgendwie mit ihrem Tod zurechtkommen zu können.

Mir hat die bisweilen märchenhafte, magisch-realistische, aber auch traurige Geschichte um Johannes Tod und ihr Weiterleben in den (ausgedachten und realen) Erinnerungen gut gefallen, und beim Lesen habe ich mir viele Sätze angestrichen, die allesamt ins Schwarze treffen, vor allem dann, wenn man selbst bereits um einen besonderen Menschen getrauert hat.

Trotz der wundervollen Sprache und des wichtigen und relevanten Inhalts hat mich Schlangen im Garten allerdings nicht vollkommen mitgerissen, gerne gelesen habe ich den Roman aber allemal.

Stefanie vor Schulte: Schlangen im Garten. Diogenes, 2022, 240 Seiten; 24 Euro.

Dazu hab ich auch was zu sagen!